Es hat hier schon einmal einen ähnlichen Faden gegeben, den ich nicht noch einmal aufwärmen möchte.
Ich finde vor allem die alte Kultur und auch Sprachen der Aborigines besonders fesselnd. Ich selber hatte noch keine Gelegenheit, nach Australien zu fliegen und werde sie vielleicht nie haben, aber habe schon ein paar australische Foren und Seiten darüber durchgelesen. Ich glaube auch, daß sich die Schwierigkeiten der Eingeborenenvölker und die gegensätzlichen Meinungen in der Allgemeingesellschaft auf der ganzen Welt ähneln. Ich würde darüber gerne mit Landsleuten ins Gespräch kommen.
Was im anderen Faden zum Teil geschildert worden ist, hat mich sehr geschockt. Man bekommt manchmal den Eindruck, daß jeder zweite Aborigine verwahrlost und deren Kultur tatsächlich dem Untergang geweiht sei. Das wäre eine Schande!
Es wurde auch die Eingliederung in die allgemeine Gesellschaft des Landes angesprochen. Es ist einfach Tatsache, daß man als Angehöriger einer kleinen Minderheit irgendwie mit der Mehrheitsgesellschaft klarkommen muß, wenn man nicht in Armut leben will. Nicht jeder möchte in Abgeschiedenheit leben. So gibt es in abgelegenen Siedlungen nur eine begrenzte Zahl von Arbeitsplätzen und Bildungsmöglichkeiten. Dadurch haben Aborigines oft nur die Wahl zwischen Armut oder begrenzter Berufswahl oder in einer Stadt im nicht-eingeborenen Australien, zumindest zeitweise, zu leben.
Andererseits hat jeder das gute Recht, an seiner Herkunftskultur- und sprache festzuhalten und sie zu leben. Das gilt vor allem für Eingeborene. Dies beinhaltet nicht die Absicht, die Gesellschaft zu unterwandern und anderen mit Gewalt etwas aufzuzwingen. Anpassung, nicht Angleichung ist mein Zauberwort.
Ohne Frage ist den Aborigines viel Unrecht geschehen. Es ist richtig, daß das Unrecht, was in einem Land geschehen ist, alles solches anerkannt werden muß. Andererseits bin ich gegen einseitige Umtriebe auf beiden Seiten. Es ist einfach einseitig zu behaupten, daß alle Weißen in der Vergangenheit böse waren und Aborigines als "bessere Tiere" gesehen haben. Genauso einseitig finde ich das Bild vom "edlen Wilden". Keinem ist damit gedient, wenn einstige Überschätzung der Weißen in eigene Geringschätzung umschlägt. Vergangenes Unrecht kann nicht ungeschehen gemacht werden. Es liegt an den heute Lebenden, anders zu handeln und entstandenen Schaden versuchen abzubauen. Trotzdem ist es das gute Recht jedes Menschen, auch auf das zu schauen, was Vorfahren an Gutem geleistet haben und auf seine Herkunft stolz zu sein.
Ich habe mir sowohl die Entschuldigung von Kevin Rudd durchgelesen als auch die Antwort von Brendan Nelson. Die Rede von Brendan Nelson empfand ich als ehrlicher gemeint, während ich Kevin Rudds Rede eher als Versuch, (zukünftige) Wähler zufriedenzustellen, empfand. Ich finde, es war einfach ungehöriges Benehmen, ihm nicht erst zuzuhören und ihm vor Bildschirmen den Rücken zuzudrehen. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn er gesagt hätte, daß man in der Vergangenheit doch richtig gehandelt habe. Man kann doch beipsielsweise als Nicht-Eingeborener die eingeborene Sprache lernen und gleichzeitig stolz auf das sein, was die Vorfahren aufgebaut haben.
Seit Abschaffung der rassistischen Gesetze und gezielter Unterdrückung und erzwungener Angleichung sind nun rund 40 Jahre vergangen. Es ist sehr einfach, sich immer auf vergangenes Unrecht zu berufen. Natürlich gibt es immer Menschen, die mit einschneidenden Veränderungen besser oder schlechter klarkommen. Denen, die damit schlechter klarkommen, muß man Hilfe anbieten, z. B. Entwöhnungskuren für Alkoholabhängige oder Hilfen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen. Es ist auch recht und billig, daß australische Sprachen in der Schule gelehrt und von der allgemeinen Gesellschaft unterstützt werden. Es liegt aber am Einzelnen, ob er auch den Willen hat, etwas zu verändern, ob eingeboren oder nicht.
Alex