Hallo Thomas,
nur ein paar Gedanken meinerseits:
Schau Dich wirklich erst einmal ein wenig direkt vor Ort in Australien um und finde heraus, ob Du auch mit den Leuten kannst. Und ja, Australien ist groß und auch recht vielfältig. Sydney, Melbourne sind z.B. komplett anders, als etwa das nördliche Queensland. Sydney erinnert mich immer wieder stark an meine Heimatstadt München. Viele Jobs, hohe Einkommen, aber auch exorbitant hohe Lebenshaltungskosten im Vergleich zum Rest des Landes. Darüber hinaus meist recht egozentrisch, von sich selbst eingenommen und relativ kontaktscheu. Hier kann es z.B. passieren, daß Du in einem Mehrfamilienhaus den Fahrstuhl betrittst und wenn Du "Hallo" sagst, dann schauen Dich die Leute noch nicht einmal an, geschweige denn, daß sie zurückgrüßen. (Und das sind Deine direkten Nachbarn) Darüber hinaus sind die Großstädte hier ziemlich multikulturell geprägt: Mein Nachbar ist chinesisch, mein Friseur holländisch, meine Zahnärztin indisch, mein Kassierer im Supermarkt Libanese, meine Lebensgefährtin Südafrikanerin, viele meiner Freunde hier britisch. Viele Australier findest Du in Sydney fast nicht mehr... (genauso wie Münchner in München) Damit muß man auch erst einmal zurechtkommen. Leute, die in Deutschland schon xenophob sind, werden das hier bestimmt auch sein.
In anderen Teilen Australiens, besonders in den ländlicheren Gegenden ist das anders und entspricht mehr der Klischeevorstellung von Australien, die wir Europäer gemeinhin haben. Allerdings sind da dann auch die Jobs und Verdienstmöglichkeiten rarer gesät und Du mußt dabei immer bedenken: Hier in Australien bist DU der Ausländer, dem man vielleicht erst einmal ein wenig skeptisch gegenüber tritt, insbesondere, wenn es um das Thema Geld / Business geht.
Was darüber hinaus zumindest in NSW und VIC ziemlich ausgeprägt ist, ist die Regulierungswut der Australischen Behörden (habe von Queensland ähnliches gehört). Hier darfst Du noch nicht einmal eine Lampe aufhängen ohne Elektrikerlizenz. (Zumindest ist es seit 2000 in VIC keine Ordnungswidrigkeit mehr, eine kaputte Glühbirne selbst zu wechseln). Was ich auch häufig beobachte ist, daß niemand die Regeln hinterfragt. Alle halten sich daran und seien sie auch noch so hirnrissig. Ein weiterer Aspekt, um den wir Deutsche die Australier immer beneiden, ist ihre Relaxedness. Das ist toll, wenn es um Freizeit geht, wenn Du das aber in der Arbeit hast, dann ist das besonders für uns Deutsche eine gewisse Herausforderung. Ich mußte mich da auch erst einmal ziemlich einbremsen. Das ganze Überstunden-Geklopfe, das Du z.T. ein Deutschland siehst, wirst Du hier nicht sehen, heißt aber auf der anderen Seite, daß die Dinge hier manchmal etwas länger dauern. Ich persönlich genieße die bessere Work-Life Balance, aber, wie gesagt, ich mußte mich hieran auch gewöhnen als Chef von 16 Mitarbeitern...
Im Outback ist da vieles anders, aber auch das hat so seine Eigenheiten.
Kurz und knapp: Australien ist nicht das Paradies, es ist ein Land der ersten Welt mit hohem Lebensstandard und einfach anders als Deutschland. Hier gibt es genauso viele Dinge, die einen stören können und Dinge, die einem gefallen, wie in Deutschland. Sei Dir bewußt, daß Du jegliche Probleme, die Du mit Dir selbst in Deutschland hast, in Deinem Gepäck mit nach Down Under nehmen wirst. (Das heißt jetzt nicht, daß ich meine, daß Du welche hast. Das kann und würde ich auch nicht wagen, hier zu beurteilen).
Grüße
Oliver