Frische Weihnachtsgeschichte für 2007

  • Hallo, ihr!

    Das folgende Posting hat zwar nichts mit Australien zu tun ... obwohl: Doch, hat es eigentlich doch! Indirekt!

    Wie dem auch sei, vielleicht braucht ihr ja nicht nur Weihnachtsgeschenke, sondern auch eine ganz frische WeihnachtsGESCHICHTE für eure Kinder [Blockierte Grafik: http://www.my-smileys.de/smileys3/Christmas204.gif] .

    Herzliche Grüße vorab und ein weihnachtsrelevanter Verweis auf http://www.geocities.com/roypeine

    Daniel [Blockierte Grafik: http://www.my-smileys.de/smileys3/newyear.gif]

  • SIMON UND DAS GEHEIMNIS UM SIRPAS VATER

    Hi, Mitkids!

    Das "Mitkids" benutze ich jetzt mal aus Gewohnheit, denn so richtig gehöre ich ja nicht mehr dazu. Ich bin's übrigens nach langer Zeit mal wieder, der Simon Flunkert. Und vor einem Jahr habe ich etwas erlebt, was auch für euch sehr interessant sein dürfte.

    Wer mich kennt, der kennt vielleicht auch meine Sirpa - Sirpa Hundelainen. Sirpa stammt ja eigentlich aus Finnland (sie ist in einer Stadt mit dem niedlichen Namen Mikkeli geboren), aber ihre Familie zog zu uns nach Sehnde, als Sirpa noch ein Baby war. Ihr kleiner Bruder ist dann ja auch in Sehnde geboren (nee, Moment, in Lehrte; in Sehnde gibt es nämlich überhaupt keine Entbindungsstation). In der ersten Klasse haben wir uns dann kennen gelernt, na ja, und seit der vierten Klasse schämten wir uns nicht mehr, wenn man uns ärgern wollte und sagte: "Hi hi hi, ihr seid ja ein Pärchen." Denn das waren wir ja auch.

    Und ob ihr es glaubt oder nicht, wir sind es immer noch! Unsere Familien und Freunde sollen sogar schon Wetten abgeschlossen haben, wann wir heiraten werden, aber den Termin haben wir natürlich noch nicht. Aber so viel kann ich schon verheiraten: Wir haben es wirklich vor! Allerdings erst dann, wenn wir fertig studiert haben und zumindest einer von uns schon Geld verdient. Das muss sein, finden wir.

    Viele finden es ja "ööööde", wenn sich zwei Verliebte schon soooo lange kennen. Aber ich kann euch versichern: Wenn wir uns treffen und ich sie sehe, fängt es bei mir immer noch an zu kribbeln. Und Sirpa sagt, dass es bei ihr mit mir genauso ist, wenn sie mich sieht - was ich gar nicht verstehen kann, denn ich bin doch nur der Simon. Aber das macht es für mich um so schöner.

    Im Sommer haben wir unsere Abiturzeugnisse bekommen, und seitdem sind wir in Köln. Sirpa studiert bereits. Ich noch nicht, ich mache erst noch meinen Zivildienst in einem Seniorenheim. Ich habe ein Zimmer in der Nähe von Sirpas Studentenwohnheim. Das ist sehr praktisch, denn so können wir uns ganz schnell nach Feierabend und an den Wochenenden besuchen, um ein bisschen zu ... quatschen. Manchmal ganz praktisch, wenn man nicht mehr bei Mami und Papi wohnt. Hö hö.

    Aber "Papi" ist ein gutes Stichwort. Ich kenne Sirpas Eltern (und auch ihren kleinen Bruder Antti) jetzt auch schon sehr lange. Unsere Eltern kennen sich auch untereinander und mögen sich - aber es gibt eine Sache, die uns immer etwas gewundert hat. Und meine Eltern hat es sogar ein klein wenig beängstigt. Und zwar: Familie Hundelainen wohnt in einem ziemlich großen Haus. Kein Schloss und auch keine Villa - aber schon ganz schön und auch nicht allzu klein. Aber meine Eltern fragten sich, wie sich das die Hundelainens überhaupt leisten könnten. Gut, Sirpas Mutter arbeitete und arbeitet noch immer als Lehrerin. An einer Privatschule in Hannover unterrichtet sie Finnisch, Skispringen und Saunamontage. Sirpas Vater hingegen schien nie eine Arbeit zu haben. Immer wenn ich Sirpa zu Hause besuchte, war er auch zu Hause. Entweder saß er dann in der Küche und las Zeitung und trank Bier, oder aber er saß im Wohnzimmer und guckte Fernsehen und trank Bier. Etwas anderes tun sah ich ihn nie.

    Vor allem meine Mutter ließ das keine Ruhe. Als ich schon siebzehn war, verwickelte sie mich mal in ein Gespräch: "Simon, kann es vielleicht sein, dass Sirpas Vater Frührentner ist?" - "Hmm. Kann ich mir nicht vorstellen. Soviel ich weiß, ist er kerngesund." - "Na ja. Dann hat er vielleicht eine ganz schlechte Ausbildung oder sogar gar keine und bekommt deswegen keinen Job." - "Weiß ich nicht. Aber glaube ich eigentlich auch nicht. In der Küche liegen Zeitungen in ganz vielen Sprachen - nicht nur Finnisch und Deutsch. Und die liest er auch. Und mit seiner großen Satellitenschüssel kann er Fernsehprogramme in allen möglichen Sprachen gucken, und die scheint er auch zu verstehen. Bei einigen der Sprachen kann ich noch nicht einmal sagen, was für 'ne Sprache das ist. So ungebildet kann er also gar nicht sein." - "Nein, da hast du Recht. Aber vielleicht haben die Hundelainens geerbt oder den Jackpot gewonnen, und er muss deswegen nicht arbeiten." - "Ich habe wirklich keine Ahnung." - "Hast du Sirpa denn noch nie nach dem Beruf ihres Vaters gefragt?" - "Doch, natürlich. Einmal. Aber sie hat nur gesagt: 'Nun sei mal nicht so neugierig, mein süßer, kleiner Simon, sonst trete ich dir auf deine großen Ohren.'" - "Das hat sie doch nur aus Spaß gesagt." - "Nein. Sie macht das manchmal wirklich. Aber Papa hat gesagt, Frauen sind manchmal so, damit muss man als Mann leben."

  • FORTSETZUNG:

    Aber dann kam der 3. Dezember 2006. Ein Sonntagnachmittag. Ich war wieder bei den Hundelainens, und diesmal saß der Vater weder in der Küche noch im Wohnzimmer. Stattdessen entdeckte ich ihn in einem Zimmer, von dem ich immer gedacht hatte, es sah eine Abstellkammer. Die Tür stand offen, und ich guckte neugierig hinein. Es war gar keine Abstellkammer, sondern ein richtiges Arbeitszimmer. Sirpas Vater saß an einem Computer und las Emails. Und auf seinem Schreibtisch lagen Briefe. Genauer gesagt: Die Briefe TÜRMTEN SICH auf seinem Schreibtisch.

    Er bemerkte mich nicht, und ich sagte auch nichts, sondern ging zu Sirpa in ihr Zimmer. Dort erzählte ich ihr: "Ich habe gerade deinen Vater gesehen. Er hat ja Berge von Post bekommen." Sirpa nickte: "Ja, um diese Jahreszeit ist das immer so. Dann braucht die Deutsche Post einen eigenen Briefträger nur für meinen Vater." Ich schmunzelte, und ich wunderte mich: "Nanu. Ist das etwa Fanpost, und dein Vater ist ein Weltstar, ohne dass ich es gewusst hätte?" Sirpa dachte nach: "Hmm. Eigentlich sind es mehr Auftragsbriefe. Aber nö. Irgendwie hast du Recht. Irgendwie ist es auch Fanpost, und irgendwie ist mein Vater auch ein Weltstar. Für uns ist das normal, deswegen vergessen wir das fast. Aber jetzt frag nicht weiter. Du weißt doch: Wenn du zu neugierig bist, trete ich dir wieder auf deine großen Ohren." Ich fragte nicht weiter, obwohl ich gerne mehr gewusst hätte.

    Am Sonntag, den 23. Dezember, war ich wieder bei Sirpa gewesen. Aber als ich abends nach Hause ging, bemerkte ich, dass mein Handy weg war. In Sirpas Zimmer hatte ich es noch gehabt, da war ich mir sicher. Ich war noch nicht allzu weit weg, deswegen ging ich noch mal zurück.

    Aber ehe ich klingelte, traf ich Sirpas Vater auf dem Fußweg zwischen dem Haus der Hundelainens und der Garage. "Simon", grüßte er mich, "hast du noch etwas vergessen? Ich antwortete: "Vergessen wohl nicht. Eher verloren. Ich kann mein Handy nicht mehr finden." Er lächelte und holte etwas aus der Tasche und sagte: "Ah. Das ist wahrscheinlich dieses hier." Ja, das war es! Ich freute mich. Er sagte: "Ich dachte mir schon, dass es deins war. Es lag an der Tür zum Grundstück."

    Dann fragte er mich: "Könntest du mir vielleicht eben helfen?" Klar - er hatte ja etwas gut bei mir. Außerdem sollte man zu seinem zukünftigen Schwiegervater nett sein. Er bat mich, ihm in den Stall zu folgen. Ich wusste, dass die Hundelainens im Garten einen Stall hatten. Aber Sirpa hatte mir mal auf die Ohren getreten, als ich da rein wollte, und irgendwie war's mir auch nicht so wichtig. Wir kamen zum Stall, Sirpas Vater öffnete die Stalltur, und im Stall standen:

    RENTIERE! Acht RENTIERE! Mann, war ich erstaunt. Er sagte: "Nun guck nicht so. Ich komme doch ursprünglich aus Lappland, und da hat jedes Kind Rentiere. Ich will sie eben in die Garage bringen, und wenn du mir die schwere Stalltür aufhältst, wäre das eine echte Hilfe." Das tat ich natürlich.

    Ich ging Herrn Hundelainen und den acht Rentieren hinterher bis in die Garage. Und dort stand:

    Ein SCHLITTEN. Ein riesiger SCHLITTEN! Ein riesiger RENTIERSCHLITTEN! Noch bevor ich zu Ende gestaunt hatte, hatte Sirpas Vater die Rentiere vor den Schlitten gespannt. Dann sagte er mir: "Ich muss mich jetzt noch umziehen. Wenn du Rentiere magst, kannst du sie gerne ein bisschen streicheln."

    Er ging hinaus, und ich freundete mich mit den Tieren an. Als ich eines der Rentiere aus Spaß fragte: "Wie heißt du es denn?", hatte ich für einen Moment den Eindruck, es habe "Rudolf" gesagt. Aber das musste eine Sinnestäuschung gewesen sein.

    Dann kam jemand in die Garage, ich schaute mich um - und da stand ein WEIHNACHTSMANN! So wie man sich einen Weihnachtsmann vorstellt: Roter Mantel, weißer Bart, großer Sack und so. Ich staunte schon wieder - und der Weihnachtsmann sagte: "Was guckst du denn so komisch, Junge? Du schaust ja drein, als hättest du den Osterhasen gesehen. Ho ho ho." Oh Mann, diese Stimme kannte ich! Es war SIRPAS VATER, der da als Weihnachtsmann vor mir stand.

    Ich fragte ungläubig: "Sind Sie ein Weihnachtsmann, Herr Hundelainen?" Da war er fast beleidigt und beschwerte sich: "Was heißt hier: EIN Weihnachtsmann? Ich bin: DER Weihnachtsmann! Hat dir das Sirpa nie erzählt?" - "Nein. Ich habe sie zwar mal gefragt, was ihr Vater beruflich macht, aber sie wollte mir dafür auf die Ohren treten." Er lachte laut und dröhnend: "Ho ho ho ho! Das ist typisch für meine Kinder! Sie schämen sich dafür, dass ihr Vater der Weihnachtsmann ist und alle anderen Väter nicht. Außerdem sind sie sauer, weil ich ausgerechnet an Weihnachten nie zu Hause bin. Deswegen feiern wir erst am 27. Dezember. Na, gib meinem Töchterchen mal einen dicken Kuss von mir! Ich bin jetzt gleich für ein paar Tage unterwegs."

    Er setzte sich auf den Schlitten und erklärte mir noch: "Bescherung ist zwar erst ab morgen, aber der Weg ist weit, und man darf die Zeitverschiebung auch nicht außer Acht lassen. Und vorher muss ich ja auch noch ins Lager nach Himmelsthür, um die Container mit den Geschenken aufzuladen." Dann nahm er ein Funkgerät aus der Tasche und sprach hinein: "Weihnachtsmann an Tower. Erbitte Starterlaubnis." Aus dem Funkgerät kam die Antwort: "Starterlaubnis erteilt. Frohes Fest!" Dann nahm Herr Hundelainen die Zügel, wünschte mir "Frohe Weihnachten!" und fuhr mit dem Schlitten und den Rentieren aus der Garage. Dann hoben sie ab und flogen davon!"

    Habt noch eine schöne Vorweihnachtszeit!

    Euer SIMON FLUNKERT

  • Ich habe auf meiner Seite http://www.geocities.com/danielroy66/contents.html diese und noch zwei weitere (ältere) Weihnachtsgeschichten nach oben gestellt. Falls eure lieben Kleinen noch etwas für die Vorweihnachtszeit brauchen.

    Übrigens, ich habe mal eine Frage an unsere Freunde in Australien:

    Kommen auf der Seite http://www.geocities.com/danielroy66/sirpabw.html die Umlaute und das ß richtig an? (Wenn nicht, muss ich noch mal konvertieren. Nein, nicht zum Katholizismus, sondern nur die Zeichen.)

    Herzliche Grüße

    Daniel [Blockierte Grafik: http://www.my-smileys.de/smileys3/carring_xmas_tree.gif]

  • Ja, Daniel, die Umlaute und das ß sind im gruenen Bereich. :) Danke fuers Einstellen der Geschichten. Habe Deine Buecher eben meiner Schwaegerin in D waermstens empfohlen. Sie wird bald zum 2ten Mal Oma und daher koennte sie gleich eine Grossbestellung aufgeben, oder nicht? :]

    Viele Gruesse
    Gitte

    Gruss Edna
    The Golden Years: When Actions Creak Louder Than Words.

  • Hallo, Gitte!

    Ich gehöre ja nicht zu den Autoren, die sagen: "Kauft eines meiner Bücher."

    Ich sage stattdessen: "Kauft davon so viel, wie ihr tragen könnt." =)

    Herzliche Grüße

    Daniel

  • Hallo, ihr vorweihnachtlichen Rübennasen!

    Hier ist wieder Claudia Flunkert, und heute möchte ich euch erzählen, was mir vor ein paar Tagen passiert ist. Vielleicht bringe ich euch damit ja schon in Weihnachtsstimmung ... obwohl, na möglicherweise auch nicht.

    Ich war nämlich mit meiner Mutter auf dem Weihnachtsmarkt in Hannover. Hannover liegt ja nicht weit von Sehnde entfernt, und dort findet jedes Jahr von August bis Heiligabend dieser Weihnachtsmarkt statt. Hi hi hi. War nur Spaß. Der Weihnachtsmarkt wird natürlich nur in den vier Wochen vor Heiligabend abgehalten.

    Wir waren aber nicht nur zu zweit auf dem Weihnachtsmarkt, sondern wir hatten zu dieser Zeit Besuch aus Großbritannien: Hedwig McNeal (das spricht man "Mäckniel" aus) war da. Hedwig McNeal hieß früher mal Hedwig Nasenbein und war bei meiner Mutter in der Klasse und ihre beste Freundin gewesen. Nach dem Abitur ging Hedwig als Au Pair-Mädchen nach England und lebt heute noch dort. Sie hat sich da nämlich in der kleinen Stadt Long Melford in den Marvin McNeal verliebt und die beiden sind schon lange verheiratet und haben drei Töchter.

    Die jüngste von ihren drei Töchtern hatte Hedwig mitgebracht: Meredith McNeal ist fünf Jahre alt und wird von allen "Mausi" genannt. Ich hatte die Aufgabe, mich für ein paar Tage um Mausi zu kümmern. He, das habe ich sogar gern getan. Ich habe gleich festgestellt, dass Mausi McNeal ein aufgewecktes, nettes und artiges kleines Mädchen ist - genauso wie ich es in ihrem Alter war. Nur manchmal hatte ich Probleme, mich mit ihr zu unterhalten. Sie kann zwar ganz gut Deutsch, aber nicht perfekt. Dann muss ich immer Englisch mit ihr sprechen, und ... oh well, nun ja.

    Jedenfalls wollte ihre Mutter mal wieder nach all den Jahren auf den Weihnachtsmarkt in Hannover, und deswegen fuhren wir vier Frauen dahin: Mama, Hedwig, Mausi und ich.

    Wir fuhren also an einem Nachmittag (es wurde schon langsam düster) mit dem Auto nach Hannover. Für diejenigen unter euch, die es interessiert: Hannovers Weihnachtsmarkt findet in der historischen Altstadt rund um die Marktkirche und am Ballhofplatz statt. Mit viel Glück fand meine Mutter auch einen Parkplatz in der Nähe, und wir gingen zu Fuß weiter zum Markt. "Nimmst du meine Mausi an die Hand, Claudi?" fragte mich Hedwig freundlich, und ich versicherte ihr: "Mach ich doch glatt. Komm, gib mir dein Patschehändchen, Mausi!"

    Nach ein paar Minuten erreichten wir den Weihnachtsmarkt und sahen schon die ersten Stände, an denen der übliche Weihnachtskram angeboten wurde: Schnitzereien, Holzspielsachen, Naschware und so weiter. Auf einer Bühne legte ein DJ typische Weihnachtsmusik auf, die er über Mikrophon für die Leute auch ankündigte: "Als nächstes hören wir ein schönes altes deutsches Weihnachtslied, das wir alle lieben: 'Kling Glöckchen Klingeling', hier in einer Fassung der Singegruppe 'Urbane Einsamkeit'." Während die sogenannte Musik spielte, guckte ich runter zu Mausi McNeal, die brav an meiner Hand mitlief, und ich fragte sie: "Na, Mausi, gibt es bei euch in England auch solche Weihnachtsmärkte?" Mausi überlegte einen Augenblick und meinte dann: "Das weiß ich nicht. Ich bin noch so jung, ich kann noch nicht alles wissen." - "Das stimmt auch wieder", bestätigte ich ihr.

    [...]

  • FORTSETZUNG:

    Derweil sagte Hedwig zu meiner Mutter: "Schau mal, Sibylle, da gibt es Glühwurm, äh, Glühwein. Den habe ich schon seit Jahrhunderten, äh, Jahrzehnten nicht mehr getrunken. Komm, wir zwei genehmigen uns einen." Ich merkte, wie Mama noch protestieren wollte, aber dann willigte sie doch ein: "Ich muss eben mit Hedwig Glühwein trinken. Geht nicht so weit weg, Claudi, wir sind gleich fertig", mahnte mich meine Mutter.

    Wir gingen auch nicht allzu weit weg. Wir wollten uns nur ein bisschen die Stände anschauen. Im Hintergrund hörte ich noch, wie Hedwig zu Mama sagte: "Komisch. Ist das normal, dass sich der Glühwein durch den Becherboden frisst?", und Mama antwortete: "Ganz normal. Das gehört mit zur Glühweintradition in Deutschland." Der Weihnachtsmarkt-DJ kündigte inzwischen das Lied 'Morgen kommt der Weihnachtsmann' an, vorgetragen vom Mädchenchor 'Krankhafte Essgewohnheiten', und ich betrachtete mir inzwischen einen Stand mit Weihnachtsengeln in schwarzen Ledermonturen. "Freust du dich schon auf Weihnachten?" fragte ich die kleine Mausi McNeal. Diesmal überlegte sie nicht so lange, sondern sagte gleich: "Yes. Mama hat sogar schon meine Strümpfe gewaschen." Aha. Äh. Tja. Damit hatte ich jetzt meine Schwierigkeiten. Ich zuckte mit den Achseln und meinte: "Na ja, also wir in Deutschland waschen unsere Strümpfe auch, wenn es nicht bald Weihnachten ist, aber wenn du meinst ..." Mausi guckte mich ganz vorwurfsvoll an und meinte: "Aber weißt du das denn nicht? Wir Kinder in England hängen unsere Strümpfe an der Türklinke auf, damit der Weihnachtsmann Geschenke da hineintut, wenn er nachts durch den Kamin kommt." Aaaah ja. Ich beschloss für mich, dass England ein komisches Land sein musste. Aber das sagte ich Mausi nicht.

    Dann kamen wir an einen Stand, an dem es typische Weihnachtsleckereien und sogar meine geliebte Zuckerwatte gab. "Cool!" sagte ich zu Mausi. "Esst ihr in England auch Zuckerwatte?", fragte ich Mausi. Mausi dachte wieder mal nach und erklärte mir dann: "Also, so weißes Zeug da heißt bei uns 'snow', und den essen wir nicht." Die Verkäuferin sah Mausi ganz lieb an und fragte sie: "Na, kleine Prinzessin. Möchtest du vielleicht ein Lebkuchenherz?" Mausi antwortete nach einer Sekunde: "Nein. Haben Sie keinen Plumpudding?" Die Verkäuferin lachte ("Hooo ho hooo") und meinte: "Nein. Leider nicht. Aber Dominosteine", und Mausi fragte zurück: "Mit Pfefferminzsoße oder ohne?" Die Verkäuferin lachte schallend, aber vorweihnachtlich herzlich. Ich wusste von Mausis englischen Essgewohnheiten und machte ihr einen Vorschlag: "Pass auf. Ich kaufe dir jetzt doch ein Lebkuchenherz, und wenn wir wieder zu Hause sind, tauche ich es dir in Rindfleischbrühe. Dann kannst du es essen." - "Lecker!", rief sie begeistert aus. Also kaufte ich das Lebkuchenherz und schüttelte mich bei dem Gedanken, es später in Rindfleischbrühe stippen zu müssen.

    Dann war es Zeit, wieder zum Glühweinstand zurückzugehen, an dem sich unsere Mütter voll laufen ... äh, an dem sie den Glühwein verköstigten. "Guck mal, Mausi. Deine und meine Mami sehen von hinten aus wie Schwestern in ihren hässli ... in ihren grünen Parkern mit den Kapuzen", bemerkte ich grinsend. Unsere Mütter waren noch nicht so weit, und wir beschlossen, noch etwas auf sie zu warten. Nach zehn Minuten verlor ich aber langsam die Geduld und machte die beiden an: "He, ihr zwei, wollt ihr, dass eure Kinder festfrieren?" Die beiden drehten sich um - und, oh Graus! Oh Mord und Entsetzen und Trauer und Totschlag! Es waren gar nicht unsere Mütter. Genaugenommen waren es niemandes Mütter. Es waren zwei Männer, und der eine sagte zu dem anderen: "Du, Ralf-Detlef, ich glaube, mir ist ein wichtiger Zeitabschnitt in meinem Leben abhanden gekommen." Wie peinlich! Und es kam noch peinlicher, denn Mausi sagte: "Look, Claudia, unsere Mamas haben so viel Schnaps getrunken, dass sie jetzt ganz hässlich geworden sind." Ich entschuldigte mich bei den beiden Herren und machte mich mit Mausi vom Acker.

    Jetzt hatten wir ein echtes Problem! Wo waren unsere Mütter? Ich hetzte mit Mausi über den ganzen Weihnachtsmarkt und suchte nach ihnen. Vorbei an den Glasbläserständen, an den Trödlern aus dem Erzgebirge, an den finnischen Kunsthandwerkständen, und aus dem Lautsprecher erkläng derweil 'Stille Nacht, heilige Nacht", vorgetragen vom Knabenchor 'Einstürzende Neubauten'. Plötzlich klingelte ganz in meiner Nähe ein Handy, und noch ehe ich das so richtig begriff, fasste Mausi in ihre Jackentasche und holte ein Handy heraus. Unglaublich - fünf Jahre und ein eigenes Telefon! Sie meldete sich: "Yes, this is Meredith McNeal speaking... Ach, du bist's, Tante Sibylle ... Ja, Claudia ist auch hier ... Ich gebe sie dir mal ..." Ungeduldig griff ich nach dem Telefon und sagte aufgeregt: "Ja, hallo, Mama, wir haben euch verloren." Sie beruhigte mich: "Mach dir mal keine Sorgen. Wir treffen uns in einer halben Stunde am Auto." Ja, so wollten wir's machen. Ich legte auf oder wie auch immer man das bei einem Handy nennt und steckte Mausis Handy versehentlich in meine eigene Jackentasche. Mausi protestierte aber nicht, sondern ließ sich von mir brav wieder an die Hand nehmen. Wir gingen Richtung Auto.

    Nach ungefähr hundert Metern hörte ich eine Frau hinter mir hysterisch schreien: "Aus! Pfui! Loslassen! Gib mir sofort meinen schönen Bodo zurück, du Punkerin!" Ich drehte mich um, weil ich wissen wollte, was da los war. Da sah ich, wie diese hysterische Ziege auf mich zuraste. "Will die blöde Kuh etwa was von uns?" fragte ich Mausi und drehte mich zu meinem kleinen Schützling. Ach du Sch ... Schande! Das war nicht Mausi! Das war irgendein ein am Daumen nuckelnder kleiner hässlicher Junge, der offenbar zu der schreienden Frau gehörte und den ich statt Mausi mitgeschleppt hatte. Die Frau riss mir ihren "schönen Bodo" regelrecht aus der Hand. Ich entschuldigte mich so höflich, wie es mir möglich war, und verschwand dann auffällig unauffällig.

    Jetzt war mein Problem plötzlich eine Million mal größer. Wo war Mausi? Wo sollte ich sie suchen? Ich raste an allen Spielzeugständen vorbei. Nichts! Ich fragte den Weihnachtsmann an der Ecke. Vergebens! Mir fiel nun bloß noch das Handy ein. Ich rief meine Mutter an: "Hallo, Mama. Regt euch bitte nicht auf, denkt an euren Blutdruck ... aber irgendwie muss ich wohl die Mausi verlegt haben." Und Mama konnte mich erneut beruhigen: "Ich weiß, ich weiß. Wir haben sie zufällig gefunden. Sie stand beim Waffelverkäufer und fragte ihn, ob er auch Pfannkuchen mit Fleischsoße hat. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten am Auto."

    Noch immer zitternd ging ich zu unserem Auto zurück: ein roter Passat, den mein Papa mal einem palästinensischen Pizzabäcker aus Peine abgekauft hat. Dort angekommen, wartete ich erst einmal. Ich wartete. Ich wartete. Ich wartete. Nach einer ganzen Stunde wartete ich immer noch, als Mausis Handy in meiner Jackentasche wieder klingelte (eine hässliche Klingelmelodie übrigens, nämlich 'Bob the Builder'). Es war erneut meine Mutter: "Claudia, wo steckst du denn? Wir sind hier am Auto und frieren uns den ..." - "Wieso das denn? ICH bin doch auch am Auto." - "Waaaaas!" schrie meine Mutter bass erstaunt ins Telefon. Ich guckte mich verwundert um ... oh nein! Das war nicht unser Auto, an dem ich stand! Es war ein anderer roter Passat! Ich war eine Straße zu früh abgebogen!

    Recht schnell lief ich zu den anderen, und wie ihr euch vorstellen könnt, war ich nach diesem Tag in bester Weihnachtslaune.

    Mit vereisten Grüßen

    Eure Claudia Flunkert

  • Hallo, ihr Weihnachtswichtel!

    Hi hi hi! Kleiner Spaß von mir, euch so anzusprechen, Kiddies. Aber es gibt einen Grund, warum ich euch so nenne, und der heißt: Weihnachten. Ja genau, ich will euch nämlich erzählen, was ich vergangenes Jahr in der Vorweihnachtszeit erlebt habe. Und falls ihr es noch nicht gemerkt habt: Hier ist wieder Claudia Flunkert, Simon Flunkerts kleine, aber sehr viel lebhaftere Schwester. Während Simon noch überlegt, was er dieses Jahr seinen Freundinnen Sirpa und Sophie schenken könnte, erzähle ich euch, was ich selbst vor einem Jahr mit der Schenkerei erlebt habe.

    Also: Es war der Montagmorgen des 4. Dezembers des Jahres 2000 nach Christi Geburt. Unser Klassenlehrer, der Herr Krummwerner, stürmte wie immer in den Klassenraum, um uns mit seiner guten Laune zu ärgern. Obwohl, so gut konnte seine Laune gar nicht sein, denn er erzählte uns: "Kinder, Kinder, mir ist am Wochenende vielleicht etwas hochgradig Dämliches passiert. Die Polizei hat mich in einer Radarfalle mit knapp Tempo 100 geblitzt." Aha. Meine Tischnachbarin Isabelle Karamel, die immer alles wissen möchte, fragte auch sogleich: "Wie schnell hätten Sie denn nur fahren dürfen?" Herr Krummwerner meinte: "Auf dem Schild stand 50. Aber ich dachte, das seien Euro." Ha ha. Solche Witze reißt er ständig. Wahrscheinlich hatte er den im Radio gehört.

    Aber was er dann sagte, meinte er ganz ernst: "Kinder, ich denke, wir stricken dieses Jahr 'ne Sonderlocke." Das versteht ihr jetzt sicher nicht. Wenn Herr Krummwerner sagt, wir stricken eine Sonderlocke, meint er einfach, dass wir etwas Besonderes tun sollen. Eine Sonderlocke eben. Er erklärte: "Diese Weihnachtszeit wichteln wir uns was. Wir machen einen Jul-Klub, wie man in Schweden sagt. Das ist hochgradig weihnachtlich. Kann jemand den anderen verklickern, was das ist?" Es meldete sich Beat Lächerli, der alte Klugsch ... der alte Streber: "Hatschi! Oh, entschuldigcht, ichch habe michch erkchältet, oder? Also: Ichch komme zwar nichcht aus Schweden, sondern uus der Schweiz, oder, aber ichch weiß es trotzdem, oder? Wichchteln bedeutet, dass jeder in der ... hatschi ... Klasse einem anderen vor Weihnachtchen etwas schenkt, oder? Wem man das ... hatschi ...schenkcht, sucht man sichch nichcht selber aus, sondern ... hatschi ... das wird ausgchelost, oder? Lässigch, oder? Hatschi! Unkchule Erkchältung, oder?" Einige Kinder waren gleich ganz begeistert. Thomas Magerquark und Ella Keller jubelten: "Cooooool!", und Maike Theißen, die Schlägerin unserer Klasse, drohte: "Wehe, mir schenkt einer 'ne CD von André Rieu. Diesem geigenden Wischmob aus Holland! Wer mir sowas schenkt, dem hau' ich euch eins auf die Nuss!"

    Herr Krummwerner ließ uns abstimmen, ob wir wichteln wollten oder nicht. Nur Frieder Nietzsche, Mies van Ekel, Nathalie Nörgel, Lorenz Leckmidoch und Daniel Motzenberg waren dagegen. Also würden wir wirklich wichteln. Jeder von uns schrieb seinen Namen auf einen kleinen Zettel und faltete den Zettel zusammen. Der Herr Krummwerner machte selbst übrigens auch mit. Dann ließen wir einen Hut herumgehen (genaugenommen war es der Fahrradhelm von Wolfgang Golfklang) und legten die Zettel mit unseren Namen hinein. Als der Helm bei Beat Lächerli angekommen war, musste der wieder ein paarmal niesen: "Hatschi! Hatschi! Hatschi, oder?" Wolfgang Golfklang machte ihn zur Schnecke: "Kannst du den Schweizkram ... äh, Schweinskram nicht lassen, du Ferkelfrosch?! Halt dir doch wenigstens die Hand vor die Nase, wenn du niest! Jetzt habe ich deinen Schnodder in meinem Helm!" Anstatt sich zu entschuldigen, wurde Beat rotzfrech: "Also, wem mein Nasenschleim nichcht passt, der kchann ja gehen, oder?" Damit war Herr Krummwerner natürlich nicht einverstanden. Nachdem der Helm einmal die Runde gemacht und jeder seinen Namenzettel hineingetan hatte, ging der Hut erneut herum. Diesmal zog jeder einen Zettel heraus. Das war sehr spannend, denn wessen Namen man zog, dem musste man ja das Geschenk machen. Dabei passierte Franz-Josef Wandbetong ein Missgeschick. Er grummelte: "Mist. Ich habe meinen eigenen Zettel gezogen. Na, ja. Dann schenke ich mir eben selbst etwas. Irgendwas, das nicht wieder explodiert." Auch ich zog einen Zettel. Aufgeregt rollte ich ihn auf und las den Namen: Ooooooooooh! Ausgerechnet! Ich hatte den Zettel von Bo Friesenkuß gezogen. Ihr müsst wissen: Bo Friesenkuß ist der coolste Junge in der gesamten Klasse. Der ist ja soooo süüüüühüüüühüüüß! Ich schwärmte schon lange für ihn. Aber das wusste er natürlich nicht. Das wäre mir nämlich peinlich gewesen. Der Herr Krummwerner erklärte noch: "Wir stricken uns noch eine Sonderlocke. Wir machen uns die Geschenke anonym. Niemand wird wissen, von wem er sein Geschenk bekommt. Der Schenker muss in jedem Fall geheim bleiben. Dann ist das hochgradig geheimnisvoll."

    In den nächsten Tagen überlegte ich, was ich Bo schenken könnte. In einem Spielzeugladen entdeckte ich dann, was ich suchte: Eine Harry-Potter-Puppe. Ziemlich teuer, aber für meinen ... für Bo gerade gut genug. Zu Hause sprühte ich die Harry-Potter-Puppe noch mit meinem Lieblingsparfum ein ("La mort du rat", ein französisches Parfum), um mein Geschenk für Bo noch etwas persönlicher zu machen.

    An einem der darauffolgenden Schultage fragte mich Herr Krummwerner: "Na, Claudia? Was bekommst du denn dieses Jahr am Heiligen Abend vom Weihnachtsmann?" Seine Neugier störte mich etwas, und ich antwortete schnippisch: "Keine Ahnung. Ich wäre schon froh, wenn ich dieses Jahr ausnahmsweise überhaupt mal 'was bekomme." Herr Krummwerner lachte. Und er fragte mich: "Was hättest du denn gerne?" Ich überlegte und sagte: "Am liebsten hätte ich Pferde." Ich rechtfertigte mich noch vor ihm dafür: "Ich bin halt auch nur ein Mädchen. Dafür kann ich schließlich nichts."

    Und dann kam der große Tag. Die letzte Schulstunde am letzten Schultag vor Weihnachten. Als wir das Klassenzimmer betraten, war der Herr Krummwerner schon da. Alle Geschenke, die wir zuvor abgegeben hatten, hatte er auf dem Lehrertisch ausgelegt. "Ich weiß schon, was ich bekomme", murmelte Franz-Josef Wandbetong. Er hatte ja bei der Verlosung seinen eigenen Namen gezogen. Dann ging es los. Herr Krummwerner sagte: "Ich werde jeden von euch einzeln aufrufen. Und er - oder sie - holt sich das Geschenk dann ab."

    Als erste wurde Maike Theißen aufgerufen. Sie rastete aus, als sie ihr Geschenk sah: Eine CD von André Rieu. Sie war hellauf begeistert. Sie brüllte: "Ich weiß ja nicht, wer von euch das war. Aber ich komme dir auf die Schliche, Witzbold! Und lass' dir gesagt sein: Du bist so gut wie tot!" Einige andere bekamen ganz vernünftige Geschenke. Beat Lächerli jedoch, der immer noch verschnupft war, bekam etwas ganz Abgefahrenes. Er wunderte sich. "Nanu, oder? Was ist das denn? Ein Toilettenreiniger, oder?" Plötzlich begann Wolfgang Golfklang ganz laut zu singen: "Wenn der Beat mal verschnupft ist, ja, was ist denn schon dabei? Dann nimmt er Abflussfrei, das macht die Nase frei, da nimmt man Abflussfrei, das macht den Beat hei!" Und er fügte noch hinzu: "Wenn's dir nicht passt, kannste ja gehen." Das tat Beat dann übrigens auch. Auch der Herr Krummwerner bekam ein Geschenk. Einen Eimer mit kaputtem Spielzeug. Er fand's lustig: "Da hat wohl jemand seine Mülltonne ausgeräumt." Er lachte ganz irre. Komisch war, dass Stefanie Pfeffernie nicht nur ein, sondern gleich drei Geschenke bekam. Es stellte sich heraus, dass Nathalie Nörgel und Mies van Ekel statt dessen gar keines kriegten.

    Dann wurde Bo Friesenkuß aufgerufen. Mein Herz schlug ganz schnell. Wie würde ihm die Harry-Potter-Puppe wohl gefallen? Er ging nach vorne ... packte sie aus ... guckte sie sich an ... und fragte verwundert: "Was soll'n das sein?" - "Das ist Harry Potter", antwortete die halbe Klasse im Chor. "Das sagt mir jetzt gar nichts", meinte er gelangweilt. Er ging zurück an seinen Platz, roch noch an der Puppe und meckerte: "Bjäch! Und wie das Vieh stinkt! Bah! Wie 'ne tote Ratte!" Na, das war ja ein Reinfall! Gut, dass er nicht wusste, von wem er sein Geschenk hatte.

    Ich bekam mein Geschenk als Letze. Ganz typisch übrigens. Ich packte aus - und war sehr erstaunt. Und enttäuscht. "Was ist denn das für'n Dreck?" fragte ich entgeistert. Es sah nämlich wirklich aus wie Dreck. Isabelle Karamel steckte ihre Nase in mein Geschenk, schnupperte daran, nahm etwas davon in den Mund und meinte: "Komisch. Riecht und schmeckt auch wie Dreck." Ich war verwirrt: "Wer schenkt mir denn zu Weihnachten Dreck?" Herr Krummwerner grinste und belehrte mich: "Wieso denn Dreck? Das sind Pferde. Du magst doch Pferde. Das da sind Blumento-Pferde. Eine ganz besondere Pferderasse." Isabelle, die noch kaute, sagte: "Quatsch. Das sind keine Blumento-Pferde. Das ist Blumentopf-Erde." Und Herr Krummwerner lachte hysterisch. Mir war nun klar, dass er es war, der mir diesen Streich gespielt hatte. Und ich beschloss, ihm nächstes Jahr ein Lehrbuch zu schenken: "Wie spiele ich einen Streich? - Ein Anfängerlehrgang in zehn leicht verständlichen Lektionen".

    Hoffentlich habt ihr mit euren Geschenken mehr Glück.

    Frohe Weihnachten wünscht euch

    Eure Claudia Flunkert

  • Hi, (Mit-)Kids!

    Das Jahr 2008 beginnt so langsam, und dabei muss ich daran denken, was mir vor mehreren Jahren an einem Neujahrstag passierte.

    Es war Neujahr 2002 und acht Uhr morgens. Meine Eltern und meine Schwester Claudia schliefen noch fest, aber ich ging los, um zu sehen, ob ich in den Straßen von Sehnde irgendwelche Verletzten finden würde, die versorgt werden mussten.

    Ich war noch nicht weit, da traf ich Felix Pfeifenfried, der sich gerade auf den Weg zur Arbeit machte. Einige von euch können sich möglicherweise noch an seine ältere Schwester Felicitas erinnern, die an der Universität Hannover Computerbotanik und Emanzipatorische Mathematik studiert und nebenbei in der Telefonauskunft gearbeitet hatte.

    Felix war also auf dem Weg zur Arbeit. Das war nicht schwer zu erkennen, denn er trug Uniform. Felix hatte nämlich nach der Schule eine Ausbildung zum Schutzpolizisten gemacht und fuhr nun schon seit einigen Monaten Streife in Sehnde. "Hallo, Felix! Frohen neuen Dienstag! Hast du für heute kein frei bekommen?" begrüßte ich ihn. Er lächelte sauer: "Nee. Wenn du selbst mal arbeitest, wirst du's merken, dass an den interessanten Tagen nur die Kollegen Urlaub bekommen, die verheiratet sind und Kinder haben. Als Single darfst du Urlaub im Februar und November machen." Und er meinte: "Ich muss heute Morgen sogar alleine Streife fahren. Mein Kollege, mit dem ich mitfahren sollte, hat angerufen und gesagt, er kann heute nicht, weil er Kopfschmerzen hat." Aha. Ich dachte einen Moment lang nach und hatte dann eine Idee: "Ich kann ja mit dir mitfahren. Vielleicht brauchst du ja Hilfe, wenn du ein paar Schnapsleichen wegtragen musst." Felix runzelte die Stirn und meinte dann: "Ich fürchte, das ist nicht gestattet. Aber komm ruhig mit. Wir dürfen uns halt nicht zusammen erwischen lassen."

    Wir fuhren zuerst mit Felix' schwarz-gelber Ente zur Polizeidienststelle. Dort schauten wir uns vorsichtig um und stiegen dann in den grün-weißen Streifenwagen, mit dem wir durch die Straßen patrouillieren würden. Ich durfte vorne sitzen, und das in einem Polizeiauto - cool! Felix fuhr auf die Hauptstraße, und die befuhren wir dann in östlicher Richtung und anschließend zurück in westlicher Richtung. Felix vermutete: "Wahrscheinlich wird heute alles ruhig bleiben. Die bösen Buben sind alle blau und schlafen ihren Rausch aus. Übrigens solltest du dich anschnallen, Simon." Das tat ich natürlich auch. Ich fragte Felix: "Darf ich auch mal ans Steuer?" - "Also, das geht nun wirklich nicht!" erklärte er. Na ja, versuchen konnte man's ja mal.

    Nachdem wir die Ost-West-Hauptstraße sechzehnmal entlang gefahren waren, hatte Felix Lust, auch mal die Nord-Süd-Hauptstraße abzufahren. Und dabei passierte es: In einem Affenzahn überholte uns ein silbergrauer OMW. Er setzte sich vor uns und fuhr wild im Zickzack. "Schade! Arbeit!" seufzte Felix. Er drückte das Gaspedal durch, überholte den OMW auf dem rechten Bürgersteig (auf die Mülltonnen konnte Felix dabei keine Rücksicht nehmen), setzte sich vor den Wagen und zwang ihn so zum Anhalten.

    Felix nahm eine kleine durchsichtige Tüte aus dem Handschuhfach und sagte: "Die ist wohl nur Formsache. Der Fahrer dürfte so blau sein wie unser Licht auf dem Dach." Wir stiegen beide aus. Ich blieb natürlich in einiger Entfernung vom gestellten Wagen stehen, aber immerhin so, dass ich alles mitbekam. Außer dem Fahrer saß in dem OMW niemand. Felix machte die Wagentür auf und sagte zum Fahrer: "Prosit Neujahr! Ich muss Sie auffordern, mal in diese Tüte zu blasen." Der Fahrer hatte einen hochroten Kopf, konnte aber noch relativ gut sprechen. Er sagte: "Oh, tut mir leid, das geht nicht. Ich bin nämlich betrunken, und das würden Sie dann ja merken." Felix war verwundert, aber durchaus Herr der Lage: "Nun gut, dann wird Ihnen der Arzt auf der Wache später ein bisschen Blut abzapfen müssen. Zeigen Sie mir jetzt erst einmal Ihren Führerschein sowie den Fahrzeugschein! Und bitte auch den Personalausweis!" Der Fahrer entschuldigte sich: "Ach, das ist jetzt ein Problem. Ich habe schon zwei Jahre keinen Führerschein mehr, und den Wagen habe ich heute Nacht gestohlen. Und wenn ich Ihnen meinen Personalausweis zeigen würde, könnten Sie herausfinden, dass ich per Haftbefehl gesucht werde, und das möchte ich natürlich nicht." Ich war total erstaunt, und auch Felix war ziemlich verwirrt. Wahrscheinlich um irgendetwas zu tun, sagte Felix: "Dann öffnen Sie bitte wenigstens Ihren Kofferraum!" Der Fahrer meinte: "Oh ha, besser nicht! Da liegt die Leiche des Mannes drin, den ich heute Nacht erschlagen habe. Das ist kein schöner Anblick." Felix zückte seine Pistole und forderte den Mann auf: "Steigen Sie aus! Ich muss Sie nach Waffen durchsuchen." Der Mann wiegelte ab: "Das ist nicht nötig. Ich habe einen geladenen Revolver in meiner linken Brusttasche und eine Handgranate in der rechten Hosentasche."

    Felix war mit der Situation offensichtlich ziemlich überfordert. Er rannte zu seinem Streifenwagen, griff nach dem Funkgerät und forderte Hilfe an: " ... Ich habe hier einen Notfall!" Er berichtete, was er erlebt hatte, und forderte ein rollendes Einsatzkommando an.

    Bis seine Verstärkung eintraf, hielt Felix den Fahrer des OMW mit seiner Dienstwaffe in Schach. Das war weiter kein Problem, denn der Mann versuchte weder zu flüchten noch leistete er Widerstand. Dann traf plötzlich gleich ein Dutzend Polizeiautos ein, schwerbewaffnete Polizisten sprangen heraus und gingen sofort in Deckung, und ein Polizist, der sich als "Kommissar Rudelsturm, Einsatzleiter" vorstellte, schritt energisch auf den Fahrer des OMW zu. "Aussteigen! Umdrehen! Beine auseinander und Hände aufs Wagendach!" befahl er. Dann durchsuchte er den Mann nach den Waffen, die er angeblich bei sich hatte. Er fand aber keine! Statt dessen fand er seine Brieftasche mit den Papieren. Er kontrollierte sie und stellte fest: "Das ist also Herr Karl-Heinz Wuselschulze. Der Führerschein ist völlig in Ordnung. Der Fahrzeugschein auch - der Wagen ist anscheinend nicht gestohlen, denn er ist auf seinen Namen zugelassen. Und der Personalausweis ist offensichtlich auch in Ordnung." Ich war verblüfft, und Felix auch! Dann ging ein anderer Polizist mit dem Personalausweis in einen Polizeitransporter, um die Polizeidatenbank zu befragen. Einen Augenblick später kam er wieder heraus und stellte fest: "Es liegt kein Haftbefehl gegen Herrn Wuselschulze vor." Dann forderte Einsatzleiter Rudelsturm den Autofahrer - also Herrn Wuselschulze - auf, den Kofferraum zu öffnen. "Gerne", sagte Herr Wuselschulze. Er öffnete den Kofferraum - und darin fanden die Polizisten ein Reserverad, ein Warndreieck, einen Verbands- und einen Werkzeugkasten - aber keine Spur von einer Leiche.

    Einsatzleiter Rudelsturm war wirklich sauer und motzte Felix an: "Wachtmeister Pfeifenfried! Was haben Sie uns da erzählt? Der Mann hat keine Waffen bei sich, im Kofferraum liegt auch keine Leiche, seine Papiere sind völlig in Ordnung, und ein Haftbefehl gegen ihn liegt auch nicht vor." Felix war völlig irritiert, und er stammelte: "Ja, aber das hat er mir doch alles selbst erzählt. Und außerdem ist er betrunken in Schlangenlinien durch die Stadt gerast." Jetzt meldete sich der Herr Wuselschulze selbst zu Wort: "Herr Kommissar! Derselbe Wachtmeister, der behauptet, ich hätte keinen Führerschein, ich würde per Haftbefehl gesucht, ich hätte dieses Auto gestohlen und einen von mir erschlagenen Menschen im Kofferraum versteckt, behauptet nun auch, ich sei volltrunken im Zickzack durch Sehnde gerast. Was meinen Sie dazu?"

    Einsatzleiter Rudelsturm schaute zu Boden, er schaute gen Himmel, er guckte nach rechts und nach links, und dann sagte er: "Alles klar. Fahren Sie weiter, Herr Wuselschulze, und vergessen Sie die ganze Angelegenheit." Herr Wuselschulze stieg in seinen Wagen und fuhr in gemächlichem Tempo und kerzengerade nach Hause. Und Felix musste sich vom Einsatzleiter zur Schnecke machen lassen.

    Auf der Rückfahrt sagte Felix zu mir: "Das war das letzte Mal, dass mich einer so veräppelt hat."

    Es grüßt euch ganz ohne Hohn und Spott

    Euer Simon Flunkert

  • ... und was lernen wir daraus? So muss man das machen, wenn man besoffen Auto fährt und angehalten wird - genau das hat der Einsatzleiter nämlich nicht überprüft :D :D :D :D

    Schöne Weihnachten, Daniel!!! Ich werde mich erst morgen nach "Messeparkplatz-Ost" begeben.
    Kathrin

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