Fremd im eigenen Land

  • Es geht in dem Artikel zwar hauptsaechlich um Afrika, trotzdem finde ich es interessant. Ich kenne zwei deutsche Paare, die nach ueber 5-10 Jahren in Australien wieder nach Deutschland zurueckgingen und denen es sehr schwer viel, sich wieder einzugewoehnen.

    Das die Deutschen jetzt wie 'stachelrochen' sind, konnte ich letzten Juni aber nicht feststellen. Wir trafen bis auf die Beamtin an der Ffm Passkontrolle nur freundliche Leute.


    http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/974/151594/

    Gruss Edna
    The Golden Years: When Actions Creak Louder Than Words.

  • Hallo,

    der Artikel ist sehr interessant.

    Ich habe schon öferts solche Berichte gelesen. Das große Problem bei den Auswanderen ist, dass einige mit einer rosa Brille ausgestattet sind, wenn sie in ein anderes Land aufbrechen. Sie versuchen dann für ein paar Jahre dort Fuß zu fassen, und wenn es halt dann immer noch nicht so läuft wie erträumt/erwartet, geht man wieder zurück. Nur die Zeit bzw. Entwicklung in der alten Heimat geht auch weiter und man hat doch eine ganze Reihe "Eigenarten" aus der neuen Umgebung angenommen, was ganz automatisch zu dem "entwurzelt sein" führen muss. Man gehört weder da noch dort richtig hin.

    Ich kann mich gut an unseren Freund Reiner in Queensland erinnern, wenn er immer meinte, ja wenn ich im Ruhestand bin, gehe ich wieder nach Bayern zurück.
    Er wanderte 1963 nach Australien aus, also aus einem im Aufbau befindlichen München. Die ersten Besuche nach 10 Jahren waren noch nicht so der "Kulturschock". Als er dann zum letzten mal Ende der 90iger Jahre in München war und unsere Hektik und das "neue multikulti München" erlebte, sehnte er sich sehr schnell wieder nach seinem beschaulichen Zuhause an der Sunshine Coast. Er meinte darauf hin, dass er sich eine Rückkehr nun garnicht mehr vorstellen könnte.
    In seiner Erinnerung war München mit seinen Menschen auf dem Stand von 1963 "stehen geblieben". Die Entwicklung, die ja doch in Deutschland auch ganz rasant von statten ging, hatte er ja nicht miterlebt.

    Ich finde es daher immer sehr interessant, wenn auch hier im Forum, Mitglieder, die zu dieser Zeit ausgewandert sind, sich zu aktuellen Themen in Deutschland mit ihren "Erinnerungsstand" zu Worte melden. Eine wirkliche Beurteilung kann hier genauso wenig erfolgen, wie von uns, die wir hier sitzen, über Probleme und Vorgänge in Australien.

    Lilly

  • Zitat

    Original von Edna Average

    Das die Deutschen jetzt wie 'stachelrochen' sind, konnte ich letzten Juni aber nicht feststellen. Wir trafen bis auf die Beamtin an der Ffm Passkontrolle nur freundliche Leute.


    So ist es auch umgekehrt. Als ich in Australien war, traf ich bis auf den Beamten an der Passkontrolle nur freundliche Leute :D . Der jedoch war so unfreundlich, das reichte für tausend. =)

  • Es ist ja wissenschaftlich erwiesen, dass es einen "Rückwärts-Kulturschock" nach einem längeren Auslandsaufenthalt gibt.

    Ich fand den Kommentar im Artikel merkwürdig, dass es nicht gut sei die Kontakte in Deutschand "sterben zu lassen". Dazu fiel mir ein, wie schwierig es bei mir war, bei längerer Zeit im Ausland (auch nur 1 Jahr) den Kontakt zu den Leuten zu halten. Selbst wenn man sich bemüht und regelmäßig Rundmails an alle schreibt. Beim ersten Mal im Ausland (Japan) war ich schockiert, wie wenige Leute sich gemeldet haben. Nur die wirklich engen Freunde halten den Kontakt.
    Aber selbst wenn man den Kontakt zur Heimat gehalten hat, fand ich es nach meiner Rückkehr oft problematisch. Man selbst hatte sich durch die vielen neuen Eindrücke und Herausforderungen weiter entwickelt, während die Welt zu Hause mir eher vorkam, als sei sie stehen geblieben.
    Nach einiger Zeit gewöhnt man sich halt wieder ein. Das ist doch toll, dass man so anpassungsfähig ist :P

  • himawari: Das sehe ich genauso! Ich war zwar nur drei Monate weg, aber es hat mich so verändert. Ich sehe viele Dinge ganz anders und suche mir jetzt neue Freunde auch nach ganz anderen "Kriterien" als früher, weil ich die Menschen anders sehe. Und es ist erstaunlich, wie wenig sich manche plötzlich für einen interessieren, wenn man nicht mehr in Reichweite ist. Ich hatte z.B. wesentlich mehr mit Leuten Kontakt, die ich nur aus dem Internet kannte, statt mit "Freunden"!

    Einmal editiert, zuletzt von Mirjam (10. Januar 2008 um 12:56)

  • generell stimmt es tatsaechlich das man nach mehreren Jahren im Ausland zwar einen deutschen Pass besitzt, man sich aber in Deutschland nicht mehr wirklich "auskennt" Als ich nach 6 Jahren NYC Aufenthalt nach Hamburg gegangen bin hatte ich besonders von der deutschen Bürokratie keine Ahnung. Stand dort vor allem vor dem Nichts: kein Job, keine Wohung, keine Versicherungen, kein Kindergartenplatz...und wie war das noch mit dem Finanzamt????...irgentwie hat man sich aber dann durchgewurschtelt...
    Für die Behörden schien es ebenfalls schwierig mich einzuordnen ?(
    Einen Kulturschock habe ich allerdings nicht erlitten, dafür war der Unterschied zwischen NY und HAM wohl nicht groß genug...es war eher so als hätte sich "zu Hause" gar nix verändert (himawari, Du hast recht!).
    Meine guten (pre-USA) Freunde habe ich alle "behalten" und immer noch (jetzt von Australien aus) sehr regen Kontakt, es sind jetzt sogar mehr dazugekommen durch die Hamburger.
    Teilweise habe ich meine Kölner Freunde in NY öfter gesehen als dann in Hamburg (billige Schlafgelegenheit in den Staaten :D)
    Die Besuche von Freunden in Australien werden sicherlich auf Grund der Entfernung nicht so reichlich ausfallen.
    Ich denke um den Kontakt zu halten muss man sich
    ein bisschen anstrengen, aber es lohnt sich. Unpersönliche Massen-Rund-Mails reichen da nicht. Ich schreibe meiner Handvoll guten Freunden immer persönlich auch wenn ich mich 5 mal wiederholen muss...
    Super finde ich netzwerkseiten wie Myspace, facebook oder gar xing darüber kann ich Photo's, Filmchen und den neuesten Klatsch austauschen und habe auf diesem Wege auch alte Bekannte wiedergetroffen.
    Gruß,
    Yvonne

    Einmal editiert, zuletzt von misskiwi (11. Januar 2008 um 04:56)

  • --- Ich denke um den Kontakt zu halten muss man sich
    ein bisschen anstrengen, aber es lohnt sich. Unpersönliche Massen-Rund-Mails reichen da nicht. Ich schreibe meiner Handvoll guten Freunden immer persönlich auch wenn ich mich 5 mal wiederholen muss... ---

    Ja das sehe ich auch so. Man muss sich anstrengen und Massenemails sind zwar bequem aber auch recht unpersoenlich. Wenn ich so eine bekomme denke ich mir: da hat er/sie sich nichtmal die Muehe gemacht mir persoenlich ein paar Zeilen zu schreiben! Aber auch ich habe die Erfahrung gemacht das sich der Freundeskreis dann doch auf bestimmte Leute konzentriert von denen man ein feedback bekommt und man merkt die wollen auch Kontakt halten. So treffe ich mich auch wenn ich mal in Deutschland bin nur mit Leuten die sich auch waehrend meiner Abwesenheit um einen Kontakterhalt bemueht haben!

  • Hi

    Ich denke das ganze ist nicht wirklich ein globales Problem.
    Wir sind mal von Südbaden nach NRW umgezogen, also nur 500km. Es war erstaunlich, wie selten die versprochenen Besuche der Familie und von Freunden tatsächlich stattfanden. Da trennt sich der Weizen von der Spreu, da stellt man fest, wieviel man manchen wirklich wert war.

    Aber auch umgekehrt, uns war es auch manchmal zu mühsam, diese Strecke für Besuche auf uns zu nehmen, da wir lieber die neue Umgebung erkunden wollten.

    Wenn es uns jetzt nach Australien verschlägt, da haben wir uns vorgenommen, an bestimmte Personen ein Headset und eine Webcamera zu verschenken, um via Skype in Kontakt zu bleiben.

    Gruss, Thomas

  • Thomas: Die Idee mit dem Headset finde ich super! Das hatte ich mir auch schon überlegt. Nur Skype/msn müssen die Leute dann noch selbst einrichten... :D

    Ihr habt wohl recht das Massenmails nicht reichen. Werde mir eure Kommentare zu Herzen nehmen und beim nächsten Mal persönliche mails schreiben. Gewisse Teile, die für alle gleich sind, kann man ja auch reinkopieren. Naja, mal sehen wie es beim nächsten Mal wird. 8)

  • Zitat

    Original von himawari
    Ihr habt wohl recht das Massenmails nicht reichen. Werde mir eure Kommentare zu Herzen nehmen und beim nächsten Mal persönliche mails schreiben. Gewisse Teile, die für alle gleich sind, kann man ja auch reinkopieren. Naja, mal sehen wie es beim nächsten Mal wird. 8)

    himawari
    Genau so mach ichs meistens :D

    LG uvon

  • Hi,

    mir ist gerade bei all Euren Beiträgen aufgefallen, dass Ihr eines vergessen habt.

    Jede technische Möglichkeit nützt nichts, wenn nicht der Wille bzw. das Gefühl vorhanden ist, einen persönlichen Kontakt über eine große Entfernung hin zu halten.

    Ich kann jetzt nur von mir bzw. uns sprechen, und muss sagen, dass ein paar meiner besten Freunde, mit denen ich/wir (mein Göttergatte eingeschlossen) am besten uns verstehen und austauschen können, auf der anderen Seite der "Kugel" sitzen. Auch wenn man nicht die Möglichkeit hat sich täglich zu sehen, aber per Telefon und email als "Kummerbox - Zuhörer - Ratgeber" erreichbar zu sein, und zu wissen der andere hilft einem so gut er kann, auch wenn er nicht um die Ecke wohnt, ist doch toll. AAAAAAber es gehören immer 2 dazu den Kontakt zu halten und eine Freundschaft so hoch einzuschätzen, dass eine Entfernung zur Nebensächlichkeit wird.
    Lilly

  • Liebe Lilly,

    da kann ich dir nur ganz und gar zustimmen.

    Uns ergeht es hier in Deutschland nicht besser.
    Mein Mann hat seit langem keine Freunde mehr, weil er nur 30Km weg zog.
    Meine Freunde wohnen auch in ganz Deutschland verteilt, manche treffe ich nur alle paar Jahre mal. 2 - 3 mal im Jahr wird dann telefoniert, meistens weil ich anrufe.
    Wie gesagt es gehören immer 2 dazu. In 90% der Fälle, hält immer nur 1 den Kontakt zum Anderen. Damit will ich sagen: nur der Jenige, der auch wirklich den Kontakt will meldet sich beim Anderen.

    Es gibt allerdings rühmenswerte Ausnahmen und das sind meistens die, die am aller Weitesten weg wohnen. =) =) =)

  • Hi Lizzie,

    aber ist dies nicht das Grundproblem warum manchen eine Integration im "alten" Land schwer fällt?
    Wenn ich mit Elan in ein neues Leben aufbreche; im neuen Land vielleicht zu wenig mich integriere, um dauerhaft sesshaft zu werden, aber auf der anderen Seite meine Kontakte in die "alte Heimat" nicht pflege, dazu auch vergesse mich zu informieren, wie es in den jeweiligen Länder momentan abläuft (Finanzamt, Auto anmelden, Haus kaufen usw.), ja dann stehe ich da und habe auch in der alten Heimat Probleme wieder Fuß zu fassen.

    Alle Brücken abbrechen ist nie gut, vergessen sollte man aber auch nicht, dass es an einem liegt immer die beste Situtation zu schaffen.

    Hier fällt mir auch noch etwas dazu ein.
    Vor ein paar Tagen ist mir in Sachen Integration von "Zuziehenden" hier in München etwas aufgefallen. Mich fragte eine farbige Dame nach dem Weg, dies in perfekten Deutsch mit ganz leichtem Akzent. Mir ist dabei aufgefallen, dass "Einwanderer" nach Deutschland aus den afrikanischen Staaten sich hier viel schneller integrieren, als Einwanderer aus Osteuropa usw.
    Überlegt Euch doch mal, wie die Situation in Australien ist? Vor ein paar Jahren habe ich in einer Tageszeitung dort einen sehr interessanten Artikel über dieses Problem gelesen. Es ging vornehmlich darum, welche Einwandergruppe durch erlernen der englischen Sprache und auch Anwendung dieser innerhalb der Familie, sich in das Leben in Australien eingliedert. Ergebnis: Einwanderer aus Schweden, Holland, Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien haben bereits nach kurzer Zeit (Einwanderergeneration) zu Hause untereinander Englisch gesprochen. Bei Einwanderern aus Süd- und Osteuropa dauerte dies noch eine ganze Generation bis Englisch die ursprüngliche Muttersprache abgelöst hat. Schlußlicht waren die Chinesen, denn bei denen dauerte es z.T. 2 und mehr Generationen. So viel zu Thema "fremd im eigenen Land".

    Lilly 8)

  • Ich finde es auch sehr wichtig sich im Ausland zu integrieren, aber ich denke, dass es dabei viele Kriterien gibt.

    Meiner Meinung nach sind Kriterien der Anpassung auch wie viele (einheimische) Freunde man hat, wie oft man sich mit diesen trifft, oder ob man krampfhaft versucht immer nur Kontakt zu seinen Landsleuten zu suchen.
    Oder ob man sich an die landestypischen Produkte gewöhnt und nicht immer nur Gerichte aus der Heimat kochen will. Das hört sich vielleicht im ersten Moment albern an, aber ich denke, dass ist besonders bei Chinesen ein Problem. Zumindest meine Erfahrungen mit Chinesen zeigen, dass die die ich kennen gelernt habe ausschließlich chinesisch kochen, in ihren ausschließlich chinesischen Familien bzw. mit ihren oft ausschließlich chinesischen Freunden.

    Wenn man z.B. mit jemandem zusammenlebt, mit dem man englisch spricht, ist natürlich klar, dass im Haushalt auch englisch gesprochen wird. Aber ich finde es total schade die Muttersprache "zu verlieren". Wenn ich in so einer Situation leben würde, würde ich z.B. auf jeden Fall versuchen wollen meine Kinder zweisprachig auf wachsen zu lassen. Integration bedeutet ja nicht, die eigenen Wurzeln zu vergessen.

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