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Die preisgekrönte „Undara Lava Lodge“ im Outback von Nordqueensland gehört zu den ungewöhnlichsten Unterkünften Australiens. Nach einer Höhlentour, einem Sun-Downer mit Blick über die vom weltweit längsten Lavastrom geprägte Landschaft und einer aufregenden Nachtsafari können sich die Gäste in ausrangierten Zugwaggons zu Bette legen. Zum Frühstück warten dann Lagerfeuer-Kaffee und zahme Kängurus – Abenteurerherz, was willst du mehr?
„Pst, direkt über uns winden sich einige braune Baumschlangen. Aber keine Sorge, sie haben es nicht auf uns abgesehen, sondern auf Fledermäuse.“ Hoffentlich stimmt das, was Nationalpark-Guide Levi da ins Halbdunkel flüstert. Doch bevor Gedanken über Worst-Case-Szenarien aufkommen, lenkt ein anderes Tier die Aufmerksamkeit auf sich: ein Falke, der genau wie die zischelnden Schlangen zu wissen scheint, dass hier aus diesem unscheinbaren Höhleneingang gleich Tausende von Fledermäusen herausfliegen werden. Und tatsächlich: Noch hat die Nacht nicht alles Resttageslicht verschluckt, da trauen sich die ersten flatternden Vorboten hervor. Zu früh, denn ebenso lautlos wie zielstrebig schnappt sich der Falke das erst beste Opfer. Ein Schauspiel.
Umgeben von Flügelschlägen
Die braune Baumschlangen, rund zwei Meter lange Reptilien, stellen sich schließlich als für den Menschen harmlos heraus. „Wir gehen noch näher ran“, schlägt Levi vor und den Weg unter den Bäumen mit den züngelnden Schlangen ein. Fast alle 20 Safariteilnehmer folgen dem 25-Jährigen und steigen den kleinen Abhang hinunter zum Eingang der rund zehn Meter breiten Höhle, mitten in die Ausflugschneise einer rund zweitausend Exemplare zählenden Fledermauskolonie. Und wie auf Knopfdruck flattert und zischt es überall, Flügelschlag in höchster Dichte und doch berühren die Flugkünstler keinen der menschlichen Betrachter. In wenigen Minuten haben alle fliegenden Säuger die Höhle verlassen. Alle bis auf eine – die hat sich eine der Schlangen geschnappt.
Mit starken Eindrücken kehren alle zum Minibus zurück und fahren die zehn Minuten zurück zur Basis. Doch die Nachtsafari ist bei Weitem nicht das einzige Highlight bei einem Aufenthalt in der „Undara Lava Lodge“, die sich rund 275 Kilometer südwestlich von Cairns und fernab jeglicher menschlicher Zivilisation befindet: Der kleine Pool sorgt für Erfrischung, Guides wie Levi für gute Laune und Verblüffung, wenn er wie bei der Busfahrt eine auf der Straße befindliche und diesmal giftige (!) Schlange nur mit Hut und bloßen Händen fängt, ja und der Sun-Downer am Aussichtsberg für beschwingte Gemüter. Das berauschende Erlebnis lässt sich übrigens eher auf das Panorama denn auf den Alkohol zurückführen. Das weite unberührte Grasbaumland mit den kraterförmigen Erhebungen ist aber nicht nur einfach schön, sondern ein geologisches Wunderwerk. Schließlich handelt es sich bei den Undara Lava Tubes um die weltweit größten Lavatunnel.
Vor rund 190.000 Jahren kam es in der Gegend zu gewaltigen Vulkanausbrüchen. Die Lava floss in Massen, der längste Strom schaffte es auf eine Länge von 160 Kilometern – Weltrekord. Als die Lava langsam und in mehreren Schichten erkaltete, bildeten sich eine Reihe von langen Hohlräumen und Tunnel. Genau diese Höhlen, teils mit bizarren Formationen versehen, teils eingestürzt, teils vom Urwald überwuchert, sind das spannende Ziel halb- bis ganztägiger Exkursionen, die sich niemand entgehen lassen sollte und die ebenfalls von den Guides der „Undara Lava Lodge“ angeboten werden.
Wer an Tierbegegnungen interessiert ist, wird auch hier seine Freude haben, noch dazu, da die gut ausgebildeten Ranger jede Menge Infos bereit halten. Doch selbst ohne Guide und ohne Höhle können tierische Erlebnisse garantiert werden. Rund um die Lodge gehören Fledermäuse, Schlangen, Vögel, Riesenheuschrecken und allen voran Kängurus und ihre kleineren Verwandten, die Wallabys, quasi zum Personal. Die kleinen Beuteltiere haben sich offenbar so sehr an die menschlichen Dauergäste gewöhnt, dass sie einem sogar auf den Schoß hüpfen.
Am schönsten gestaltet sich eine Begegnung in den Morgenstunden, etwa beim Frühstück, das etwas abseits von der Lodge inmitten der Wildnis kredenzt wird. Stimmungsvoller kann man nicht in den Tag starten: Die Sonne steigt über den Eukalyptusbäumen auf, der Kaffee köchelt auf dem Lagerfeuer, frisches Obst wird gereicht, am Büfett warten Spiegeleier und Brot und dann hüpft da so eine Kängurumama samt Baby im Beutel durchs Bild. Vogelsingsingsang sorgt schließlich für den perfekten Soundtrack.
Naturparadies ohne Hektik
In so einer speziellen Umgebung darf es kein 08/15-Hotel geben, dachten sich die Collins, deren Ahnen 1860 als Erste die unwirtliche Landschaft bewohnten, im Jahr 1990. Damals beschlossen sie, das Areal unter ökologischen Aspekten einer breiten touristischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ihr Konzept fand derart großen Anklang, dass es bereits mit mehr als zwei Dutzend Tourismuspreisen überhäuft wurde und ständig Erweiterungen notwendig macht. Mittlerweile stehen festinstallierte Zelte, Stellplätze für Campmobile und kleine Zimmer mit Stockbetten zur Verfügung – alles zu erschwinglichen Preisen.
Selbst die Luxusvariante ist mit nicht einmal 50 Euro pro Nacht und Nase quasi ein Schnäppchen und zugleich ein Erlebnis der besonderen Art: Elf stilvoll restaurierte und umgebaute Zugwaggons der Jahrhundertwende – und zwar nicht von der letzten, sondern der vor über hundert Jahren – warten mit geschmackvollen Zimmerabteilen samt bequemen Einzel- und Doppelbetten auf. Der Rucksack kommt einfach ins Gepäcknetz, Wecker und Wasserflasche auf den ausklappbaren Tabletttisch, die Toilette befindet sich wie gewohnt am Ende des Waggons, bei manchen jedoch sogar im Abteil. Wer sich nicht auf dem Bett räkeln und sich die Ventilatorluft ins Gesicht blasen will, der kann auf den Bänken der hölzernen Verandas Platz nehmen. Die befinden sich direkt vor Tür und Zugfenster, im Gegensatz zu den Rädern; die sind nämlich abmontiert. Statt auf Gleisen ruhen die Wagen auf dem Steppenboden. Wer auf den Holzplanken an allen elf Waggons entlangspaziert, stößt schließlich auf ein halboffenes Forum, um den sich stilecht und u-förmig mehrere Speisewaggons gruppieren.
Das i-Tüpfelchen im Undara-Land bilden schließlich die kulturellen Events. Bei „Opera in the Outback“ trällern renommierte Tenöre und Sopranisten markige Töne in den Sternenhimmel, beim „Country, Rock und Blues-Festival“ heizen regionale Bands ganz schön ein (Nächster Termin: 18-20. April 2008). Musikalisch wird es aber eigentlich jeden Tag oder besser gesagt jeden Abend. Denn am Lagerfeuer neben dem Restaurant greifen Levi und seine rund zwölf Kollegen regelmäßig zur Klampfe. Und wenn die Stammcrew aufhört, übernehmen auch mal die Gäste.
Christian Haas, Januar 2008
Weitere Informationen:
Undara Lava Lodge, Undara Volcanic Park, Savannah Way, near Mt Surprise, Queensland, 4871 Tel. Ph: +61 7 4097 1900 Fax: +61 7 4097 1955, E-Mail: res@undara.com.au, Internet: http://www.undara.com.au
Preise: Übernachtung im Zug: 75-85 AUS-$, im Zimmer 20-25 AUS-$, im Zelt 20-25 AUS-$, Wildlife-at-Sunset-Tour 40 AUS-$, Lava-Tube-Tour 40-115 AUS-$
(1 AUS-$ entspricht derzeit etwa 0,55 €)