Obdachlose in Australien......

  • (von einem anderen thread, den ich nicht weiter "hi-jacken" moechte....)


    Irgendwie ist es ja schon paradox. So ziemlich der erste Unterschied, der mir hier aufgefallen ist, war:
    Keine Obdachlosen.
    Zumindest habe ich keine gesehen. In Stuttgart war das oftmals eine Art "Spiessrutenlaufen".
    Ja, ich wollte Menschen helfen.... aber wenn ich jedem auch nur 1 Euro gegeben haette, waere ich nach 2h bummeln in der Stuttgarter Innenstadt pleite gewesen. :(

    Hier habe ich ehrlich monatelang nicht einen einizgen Menschen gesehen, der "obdachlos aussah" - und in den knapp 2 Jahren die ich hier lebe waren es insgesamt immernoch weniger als eine Hand voll. Umso erschreckender sind die Statistiken, die eine ganz andere Sprache sprechen:

    Ueber 100,000 Menschen in Australien sind obdachlos.

    Im 2001 Zensus waren davon:
    42% Frauen (fast die Haelfte hiervon landet auf der Strasse aufgrund von haeuslicher Gewalt - und damit ist haeusliche Gewalt Spitzenreiter in der Liste der Ursachen fuer Obdachlosigkeit)
    10% Kinder unter 12 Jahren (!)
    36% zwischen 12 und 25 Jahren alt
    ( http://www.homeless.org.au/statistics/
    http://www.homelessnessaustralia.org.au/UserFiles/File…20for%20web.pdf )

    Im Jahre 2008:
    jeden Tag ist fuer etwa die Haelfte aller, die Notunterkuenfte in Anspruch nehmen wollen, kein Platz.
    2 von 3 Kindern, die Unterstuetzung braeuchten, gehen leer aus.
    Fuer fast 80% aller Familien, die Hilfe braeuchten, sind keine Kapazitaeten da.
    Fast die Haelfte der Obdachlosen in Australien sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren.
    ( http://www.homelessnessaustralia.org.au/UserFiles/File…20for%20web.pdf
    http://www.homelessnessaustralia.org.au/UserFiles/File…%20Fact%20sheet(1).pdf )


    Im Vergleich zu diesen Zahlen klang das in den Fernsehnachrichten, das mich schon erschreckt hat, noch relativ harmlos. :(


    Zurueck zur Frage:
    Wo sind die denn alle?!?

    "nur" 18% leben tatsaechlich auf den Strassen.
    44% kommen bei Freunden oder Verwandten unter.
    20% leben in temporaeren Unterkuenften (Motels, boarding houses, youth hostels etc.)
    Und nur 18% werden durch die staatlichen Unterbringungen aufgefangen.

    Nur, weil wir niemand kennen, der in Prks naechtigt, nur, weil man tagtaeglich keine bettelnden Obdachlosen sieht, heisst das nicht, dass sie nicht da sind. Es heisst auch nicht, dass sie nicht unsere Hilfe brauchen.
    Obdachlosigkeit ist fuer jeden schlimm - aber gerade Frauen und Kinder, die auf die Strasse fluechten, um haeuslicher Gewalt zu entkommen, kommen wortwoertlich "vom Regen in die Traufe"


    Wer mehr Info haben mag oder helfen moechte:
    http://www.homelessnessaustralia.org.au/site/index.php
    Und das ist nur eine der vielen Organisationen.

    Es gibt viel zu tun - auch wenn das Problem nicht "dringend aussieht!"

  • Das ist ein Thema, dass mich seit unserer Reise mit Ende in Perth 2007 sehr bewegt.
    Erlebnis war wie folgt:
    Wir verbrachten unsere letzte Nacht auf einem Campingplatz in der Nähe des airports, kenne den Namen nicht mehr, die Inhaber waren Briten.
    Wir wollten eigentlich nur unser Gepäck sortieren und die letzte Nacht verbringen, es wurde ein Familiendrama, das ich bis heute nicht vergessen kann.
    Es waren extrem viele Arbeiter auf dem Platz, sprich wenig Touristen, viele Wohncontainer und "Wanderarbeiter" in ihren Trucks und Zelten, eigentlich eine angenehme Athmosphäre.
    Etwas neben uns ein kleines Zelt, 1 Mann um die 30, eine Frau im gleichen Alter, ein Baby im Kinderwagen und ein süsses blondes Mädchen ca. 7 Jahre alt.
    Gezwungenermassen nahmen wir an diesem Nachmittag am Alltag dieser Familie teil.
    Sie war anscheinend irgendwo in ihren Wurzeln Aboriginal, denn er beschimpfte sie manchmal so. Äusserlich war sie weiss, mit viel Phantasie vielleicht ihre Vorfahren australisch. 8)
    Die gesamte Familien war äusserlich gepflegt, aber sie lebten anscheinend auf diesem Campingplatz in einem rel. kleinen Zelt und Auto.
    Die Spannungen nahmen innerhalb kurzer Zeit extrem zu bis zu lautem Schreien (wir rechneten schon mit einer Prügelei zwischen den beiden, es war extrem unangenehm, wir standen direkt daneben).
    Es wurde so extrem, dass das Mädchen zu uns kam und Schutz suchte. Wir fragten sie, ob dies oft vorkäme. Ja, sagte sie. Mensch, das Mädel war so lieb.....es war echt schlimm. Alle Beteiligten machten äusserlich einen sehr guten Eindruck, aber die Spannungen waren schlimm.
    Wir versuchten, mit den Eltern zu sprechen, was auch ging. Beide waren nicht dumm, aber sehr unter Druck.
    Wenige Stunden später flogen wir zurück, aber diese Geschichte krabbelt uns heute noch nach.
    Leben auf dem Campingplatz in engsten Verhältnissen, eigentlich nette Leute, aber offensichtlich unter extremem Druck mit 2 Kindern lebend.
    Leben ist halt nicht überall nur schön....an das kleine Mädchen denke ich heute noch oft. Wie es ihr wohl geht?

    In dem Zusammenhang würd mich mal interessieren: gelten die vielen Wanderarbeiter, sprich Camper, eigentlich als obdachlos?
    Ich denke, nicht wenige leben dauerhaft auf Campingplätzen in irgendwelchen Containern. Gilt das als obdachlos oder nicht?

    pauline

    2 Mal editiert, zuletzt von pauline (7. August 2009 um 01:12)

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