Da in einem anderen Thread wieder mal die Wohnungssuche in Sydney angesprochen wurde, hier mal ein Auszug unserer Erlebnisse dieses Thema betreffend *g*. Die Blogeintraege stammen aus dem Jahr 2008 (jaenner)
"Well, well, well, what are we going to tell you? Und wie oft haben wir die Formel „well…“ in diesem Zusammenhang in den letzten 4 Wochen unserer verzweifelten Wohnungssuche gehört. Dass es schwierig werden würde, wussten wir im Vorhinein, aber wie schwierig es tatsächlich werden würde hätten wir uns in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können. *seufz*
Wir reden jetzt nicht davon, dass es schwierig ist, hier „günstige“ Wohnungen zu mieten, sondern davon wie schwer es ist vom Zustand und Lage her halbwegs akzeptable „unfurnished two Bedroom Apartments“ (durchschnittlich 65m² – genau weiß man das hier nicht, denn Quadratmeter sind sicherheitshalber ein Fremdwort) ohne spezielle Features im Mittelklassesegment von AUD 500.- pro Woche (entspricht AUD 2.173.- im Monat oder rund EUR 1.300.-) nicht nur zu finden, sondern dann auch noch zu bekommen!!! Die Maklergebühr zahlt der Vermieter und nicht der Mieter – wenigstens EIN Vorteil hier! Was den Servicecharakter einer Real Estate Agency für die zukünftigen Mieter allerdings auf unter Null reduziert.
Vorweg für oben beschriebene Units (australisch für das amerikanische „Apartment“ bzw. die englische „Flat“) gibt es für Gewöhnlich sogenannte „ open inspection dates“, wo jeder, der interessiert ist, vorbeischauen kann, um sich in 15 Min. vor Ort ein Bild vom möglichen Objekt der Begierde zu machen. Es ist nicht nur einmal passiert, dass neben uns noch 30-50 andere Leute zur Wohnungsbesichtigung gekommen waren. Zeitweilig fühlten wir uns an eine schlechte 23 Uhr Kabel Reportage über die Wohnungssuche in München oder London erinnert, wenn die Menschenherde durch enge Wohnungen stampfte – die natürlich größtenteils noch bewohnt waren – sich gegenseitig im Weg stand und aneinander komplimentierend vorbeidrückte. (A. fragte aus gutem Grund nicht nur einmal entgeistert: „Was machen wir jetzt hier?“ Oft wussten wir es selber nicht.)
Mit der Zeit kannte man sich teilweise auch schon, A. wurde zB. ein paar Tage nach ihrem Geburtstag gefragt (leider mussten wir auch an ihrem Feiertag Wohnungen ansehen, da Samstags viele inspections stattfinden und man in einem derart überhitzten Markt einfach nichts auslassen darf, was nur halbwegs passen könnte…), ob sie ihn dann eh noch genossen hat usw. Potenzielle Konkurrenten („Na, ned der schon wieder!“) wurden ausgemacht, um das Ergebnis der Überprüfung der Applications besser abschätzen zu können…
Richtig gelesen, für Wohnungen hier muss man sich bewerben wie für den Posten des Generaldirektors, ich glaube aber, dass sogar das Hearing dafür gemütlicher ist: Neben allerlei persönlichen Informationen, die mit Angaben zu Pass, Führerschein, Bankkonto etc. anfangen, müssen detaillierte Informationen über Job und vorangegangene Beschäftigungen inklusive Jahreseinkommen, Kontoauszug und pipapo gegeben werden. (davon sind dann auch Kopien beizulegen) Darüberhinaus wird eine rental reference vom früheren Landlord verlangt und der Nachweis von zumindest zwei Referees, die dich persönlich kennen, für deine Angaben bürgen und außerdem in Australien leben müssen. (Für die, die jetzt ungläubig die Augenbrauen hochziehen findet sich hier eine „application form“ der harmloseren Sorte – Jede Real Estate Agency bastelt selbstverständlich ihre eigenen seitenlangen indiskreten „we just want to know who’s moving in“ Fragebögen.)
Nachdem dann im Laufe der jeweiligen Wohnungsbesichtigung alle Interessierten ihre Bewerbungen abgegeben haben, startet die „applications taken“ Phase (diese ominösen Worte erscheinen dann bei der Interneteinschaltung der Wohnung), in der alle Angaben überprüft werden (Referees angerufen, frühere Vermieter kontaktiert werden usw.) Eine „bad rental history“ und kein Job (bzw. keiner in Aussicht) ist ein absolutes „No, No“ für alle Agencies. Wie Betroffene ohne Wohnung dann weiter tun, bleibt uns ein Rätsel.
Aber zum Wesentlichen: Was uns im Laufe unserer Suche an Löchern untergekommen ist, spottet jeder Beschreibung. Die so genannte „quiet unit“ – für wohlfeile 470$ die Woche – entpuppte sich nicht nur ein Mal als feuchte und dunkle Erdgeschoßwohnung mit Terrasse auf die Military Road (vergleichbar mit der Wiener Brünnerstraße), was die Maklerin, die noch 2 Stunden vorher mit Nachdruck empfohlen hatte die „ruhige“ Wohnung doch unbedingt zu besichtigen, bei meinem Versuch die Balkontüre des Schlafzimmers zu öffnen zu dem bedeutungsschweren Satz verleitete: „Nooou! – you can’t really use that balcony, although it’s quite silent in the night.- Have a look on the other one, it‘s much nicer…“ (Kaum besser, – zwar auf der anderen Seite des Hauses (quasi Lugnercity ums Eck) – da darunter die Garageneinfahrt des Wohnblocks lag. – Great!)
Also ging es tagtäglich munter daran; von abgef*** Loch, zu winzigen Kammerln, über 3. Stock Wohnungen mit hunderten Stufen (Lift? Har Har!) in engen grauslichen Stiegenhäusern in der Peripherie oder einer Wohnung wo man ca. 100 Meter über enge Stufen von der Straße herabsteigen musste. (Da gewöhnt man sich das Biertrinken wohl schneller ab als einem lieb ist; so es die hiesigen Mondpreise für Bier noch nicht geschaft haben… ) Wir wanderten durch Wohnungen, in denen der 50 Jahre alte Spannteppich den Charme und vor allem Geruch einer Notschlafstelle ausstrahlte, Eingangstüren mitten im 12m² „Living Room“ aufgingen, Cottages mit Strohdecke, 2te Schlafzimmer, die entweder 5m² groß waren oder so dunkel, dass man bei strahlendem Sonnenschein draußen in dem Zimmer ohne elektrisches Licht nur die Tür findet oder einmal sogar gar keine Fenster hatten („thats why we call it study“) oder Units in „good condition“ bei denen schon mal Fenster schief im Rahmen hingen und das Wohnzimmer knallrosa gestrichen war usw. Ich glaube wir sollten vielleicht ein Buch darüber schreiben, bevor wir euch hier noch weiter langweilen.
Eine „besondere“ Besichtigung vielleicht noch: (Unser Auto war leider immer noch in der Werkstatt, wir hatten es in den Wochen davor scheinbar derart getreten, dass es Master-, Slave Zylinder und Kupplung zerriss, und wie so oft wurden aus dem angekündigten zwei dann doch sieben Tage, bis Cameron, der Mechaniker unseres Vertrauens, endlich anrief… – und für uns bedeutete das stundenlange Fahrten von und zurück nach St. Ives in die „Lower North Shore Suburbs“ Mosman, Kirribilli, Neutral Bay, Cremorne usw., die wir als Zielgebiet auserkoren hatten.)
Also spazierten wir bei herrlichem Nieselregen und dezenten Windböen frohen Mutes den Pazifik Highway entlang (in etwa Wiener Gürtel) um eine weitere Wohnung um AUD 450.- diesmal in Artarmon (unsere Ansprüche waren bereits derart gesunken, dass wir für ein halbwegs annehmbares Innenleben weiter außerhalb zu suchen begannen) zu besichtigen. Mit uns hatten sich trotz des unwirtlichen Wetters wieder gut 20 Leute am späten Vormittag eingefunden, die der Dinge harrten. Die Maklerin verspätete sich zur Freude aller auch noch. Ich wollte beim Anblick des Hauses (Plattenbau look a like) eigentlich schon wieder das Weite suchen, aber Jasmin wollte ihrem Galgenhumor Genüge tun und für den mühevollen Weg die im Internet mit Pool im Haus und „quiet“ angepriesene Wohnung zumindest sehen. Also ging der Trott durch eine unfassbar muffige dunkle 3-Zimmer Wohnung, in der die zwei chinesischen Jugendlichen verschlafen aber ungläubig aus den Pyjamas schauten, als 20 Leute nach Aufforderung der Maklerin (die ja immer einen Schlüssel der Wohnung behalten) am Gang die Schuhe auszogen und anschließend grinsend durch die Kascheme latschten. Skurril! Bei so einem Anblick werden potenzielle Konkurrenten auch ausnahmsweise zu Leidensgenossen. Kopfschüttelnd verließen wir auch diesen Platz des Grauens und schworen uns, dass es definitiv die letzte Wohnung in dieser oder ähnlichen Gegend gewesen war.
Nachdem wir nach zwei Wochen und unendlich vielen gutgemeinten aber unfruchtbaren Tipps (von Leuten, die selber nie Wohnung gesucht haben) den Dreh ungefähr raus hatten, dass man sich an die größten Player im Markt halten muss (Ray White, Richardson & Wrench, Century 21, Raine & Horne etc.), weil die auch die besten Wohnungen haben und gleichzeitig den Agenten seines Vertrauens für sich gewinnen muss, sprich indem du ihn/sie tagtäglich in deine persönliche Misere involvierst, wurden die Dinge langsam besser…Natürlich wurde nach drei Wochen unser Internet Screening auch immer besser. Immerhin was.
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