Original von physiogirl76
Hallo,
dann geb ich auch mal meinen Senf dazu 
Ob man sich in einem Land wohl fühlt bzw. was man bereit ist, dafür zu investieren, ist eine sehr individuelle Entscheidung, die dir niemand abnehmen kann. Es nützt dir nichts, wenn andere die super work-life-balance, das Wetter, die freundlichen Menschen, das bessere Gehalt etc. loben, wenn dir diese Dinge eher nicht wichtig sind bzw. du in einer komplett anderen Situation bist. Deswegen würde mich auch interessieren, was Yvonne schon gefragt hat: was erhoffst du dir von Australien bzw. warum bist du hier? War es in erster Linie das Klima, die tolle Natur, die easy-going-Mentalität - oder erhoffst du dir einen "Karriereboost"?
Wie immer im Leben ist es wichtig, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein - und die äußeren Bedingungen sind mal gut, mal schlecht. Bei mir war es damals (2007) so, dass ich mit einem gesponsorten Visa nach Australien kam, allerdings arbeite ich im Gesundheitsbereich (Physiotherapie). Damals war die Jobsituation noch ein Traum für AN - sogar die großen Kliniken in den Metropolen sponsorten ausländische Fachkräfte, da es in ganz Australien eine große shortage an health professionals gab. Das hat sich in den letzten Jahren geändert - mittlerweile bekommst du - zumindest im öffentlichen Bereich - so gut wie kein gesponsortes Visa mehr, außer vielleicht in rural areas (wo sonst keiner hin will). Es gibt mittlerweile einfach genügend australische new grads, die auf den Arbeitsmarkt drängen. Aus AG-Sicht kann ich das durchaus nachvollziehen, dass man den Einheimischen den Vorzug gibt, bevor man einen Ausländer mit einem Arbeitsvisum sponsort. Und wenn es keinen Mangel an Fachkräften gibt (wie es in der IT ja der Fall zu sein scheint), ist es verständlich, dass Australier bzw. diejenigen mit PR den Vorzug erhalten.
Wenn du in Deutschland tatsächlich gute Chancen auf einen tollen und anständig bezahlten Job hast, würde ich wahrscheinlich auch erstmal zurück gehen. Die Türen nach Australien sind ja nicht für immer verschlossen. Aber das ist nur meine Meinung, da ich mittlerweile viel Zeit und Geld für meine Ausbildung investiert habe, so dass ich nicht bei McDonald´s und Co. arbeiten will - so schön das Land auch ist. Mir war es immer auch wichtig, beruflich voranzukommen bzw. meinen Job, den ich ausübe, auch zu mögen. Bei anderen Menschen ist der Job dagegen nur ein Mittel zum Zweck (Geld verdienen). Wenn man einen gut verdienenden Partner hat, ist man vielleicht auch eher bereit, zeitweise solche Billigjobs zu machen - wenn man für sich alleine bzw. für seinen Partner sorgen muss, sieht die Sache vielleicht schon anders aus und man ist in einem Land, wo man einen adäquaten Job fiindet, vielleicht besser bedient.
Ich bin seit knapp 2 Jahren wieder in Deutschland, zum Einen aus familiären Gründen, zum Anderen da ich berufsbegleitend ein Studium angefangen habe, das ich diesen Herbst abschließen werde. Danach werden die Karten neu gemischt. Ich habe für mich entschieden, dass ich weder Deutschland noch Australien abschreiben will - ich finde beide Länder, auf ihre eigene Art und Weise, toll. Ich habe mittlerweile die austr. PR, und halte mir alle Optionen offen. Aber das Gesamtpaket muss stimmen, und dazu zählt für mich persönlich auch der Job.
Was mich nach Australien zieht:
- das Klima
- die lockere und offene Art der Menschen
- das höhere Gehalt (wobei ich nicht in der 6-stelligen Liga mitspiele)
- die meist schnelleren Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf
- die Natur und die work-life-balance
Was mich dagegen gestört hat:
- die häufige Gleichgültigkeit der Australier gegenüber allem, was sonst noch auf der Welt passiert
- die Isoliertheit (was sich teilweise auch auf die Mentalität niederschlägt)
- die Clowns in der Politik und die Rückständigkeit (z.B. beim Umweltschutz)
- der manchmal nervende Mangel an Verbindlichkeit (no-worries-Mentalität)
- die Preise (mit "teuer" hab ich im Prinzip aufgrund des höheren Gehalts kein Problem; was nervt ist "teuer in Verbindung mit schlechter Qualität")
Ja, Deutschland ist enger und stressiger. Die Sonne scheint nicht so häufig wie in Australien, dafür haben wir hier richtige Jahreszeiten. Und können dazu noch für nen Appel und´n Ei kurz in ein anderes Land übers Wochenende reisen. Die Europäer sind nicht so isoliert in ihrer Denkweise durch die Nähe zu anderen Nationen. Und meine Familie ist hier.
Aber: hier verdiene ich deutlich weniger als in Australien - daher halte ich mir alle Optionen offen.
Jedoch ist die Frage, ob man sich in einem Land wohl fühlt, häufig sehr individuell und man gerät leicht in ein Fahrwasser, ein ganzes Land dafür verantwortlich zu machen, wenn es privat oder beruflich gerade nicht so gut läuft. Aber das sind Stellschrauben, die sich auch mal ändern können...
Ich wünsche dir einen klaren Kopf für diese Entscheidung!
Gruß, Melanie