Es ist nicht Australien, aber hier ist mein kurzer Abriss zu Kanada.
5 bis 10 Jahre zur Eingewoehnung:
Zuerst fand ich beim Lesen (hier im Thread) diesen Zeitraum recht lang. Wenn ich aber die kanadische Wortwahl bedenke, kommt diese Zeit fast hin. Als Deutscher ist man direkt und die Kanadier sind sehr indirekt. So brauchte ich fast drei Jahre, um die Bedeutung von ‚good-good-good‘ ansatzweise zu verstehen. Das Benutzen der weichen Ausdrucksweise dauert lange. Je frueher man sich daran gewoehnt, desto besser.
Arbeitswelt:
Calgary waechst mit der Oel- und Gasbranche. Dieser Bereich boomt immer noch. Es gibt viel Arbeit – auch bedingt durch andere Strukturen (mein ‚weicher Ausdruck‘ fuer Ineffizienz). Die meisten Stellen sind jedoch ‚blue-collar‘ in den Oilsands und die Suche nach einem Officejob im Bereich Management oder Engineering gestaltet sich u.U. schwierig. Aber: Calgary ist auch ‚buddy-business‘. Hier laeuft extrem viel ueber Connections. So habe ich meine aktuelle Projektstelle gefunden. Ich bin Contractor/Consultant und arbeite fuer eine Firma, die mich schon immer sehr interessiert hat.
Abschluss, Anerkennung von Beruf, etc.:
Kanada ist auch ein Einwandererland. Ich bin Ingenieur, so wie andere Leute aus Indien, Pakistan, Russland, dem Iran, Mexiko, Kolumbien, etc. Als Kanadier (kanadische Behoerde) wuerde ich in diesen Faellen auch Pruefungen (als Beweise) verlangen. Geschummelt wird schliesslich ueberall...
Merkwuerdig ist hier mE das Assessment. So musste ich ‚Fundamentals of Engineering‘ (quasi ein Bachelor Abschluss) schreiben und eine Bekannte aus dem Iran brauchte nur einen Beweis fuer Wissen in Chemie beibringen. Schlussendlich waren wir dann beide ‚Professional Engineer‘. Gleiche Voraussetzungen fuer alle waere hier aber mE die neutrale Loesung.
Visa, etc.:
Work Permit dauerte bei inter-company transfer etwa 5 Wochen.
PR dauerte von Antragstellung ueber Arztbesuche bis positiver Bescheid etwa 6 Monate.
Beispiele fuer Preise:
1 Liter Benzin kostet in Calgary aktuell 1.169$. In Edmonton ist es 3 bis 4 cent guenstiger und in British Columbia (BC, BC heisst auch bring cash) mindestens 10 cent teurer. Das LRT Monatsticket fuer Calgary kostet 96$.
Eine Grundabsicherung bei der Krankenversicherung gibt es bei ‚staff‘ vom Arbeitgeber. Als Contractor bin ich selbst versichert fuer etwa 57$ pro Monat.
Fitnessstudio kostet etwa 50$ pro Monat.
Ich gebe etwa 350 bis 400$ im Monat fuer (meine) Lebensmittel aus. Mein Kalorienkonsum ist aber auch 2900 pro Tag. Durch die Bierpause spare ich pro Sixpack etwa 14 bis 18$.
Der Pass fuer die National Parks kostet etwa 65$ im Jahr (pro Person). Die Wanderwege sind fuer lau und die Begegnung mit einem Grizzly unbezahlbar...
Lifestyle:
Man faehrt eine Stunde in die Rockies. Dort ist es so wie in der Jever Bier-Reklame: keine Handys, keine Meetings, etc. Man ist quasi komplett ausgeloggt, was ein willkommener Gegensatz zum Bueroleben ist. Erste Sprache in den Rockies ist Deutsch. Diese Gegend scheint also beliebt zu sein. Es gibt Wanderwege fuer ein ganzes Leben. Auch dieses Jahr werde ich wieder nicht alle geplanten Trips abhaken koennen. Segeln und Surfen klappt hier weniger. Der Sommer ist kurz...
Wetter:
Eben, der Sommer ist kurz hier. Letzte Woche gab es schon 5 bis 10cm Schnee. Durch Foenwinde kann es im Winter auch mal tagelang Plusgrade geben. Das Wetter macht Kapriolen. Es kann auch empfindlich kalt sein. Bei Windstille und Sonnenschein kann man 20 Grad unter Null aber schon etwas ertragen.
Manchmal ist die deutsche Rigiditaet in der neuen Heimat sehr hinderlich.
Es ist aber auch nicht leicht, den erwarteten Perfektionismus gegen ein wenig Entspannung einzutauschen.