Ich habe eine lange Zeit im Forum mitgelesen - sehr hilfreich - und habe auch im Laufe des kürzlichen Visaregens einen Pre-Grant-Letter erhalten. Ich bin vor einem Jahr mit einem WHV eingereist, habe gleich nach Ankunft WAs State Sponsorship erhalten und ein 137er beantragt. Zur Zeit bin ich noch auf einem 457er in den westaustralischen Goldfields aktiv.
Man tendiert ja dazu als Deutscher, möglichst alles im voraus akribisch vorzubereiten, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Ich habe überwiegend gute Erfahrungen gemacht und werde daher auch hierbleiben. Ich bin nicht einfach "ins Blaue" gereist, sondern habe mir das Land vorher auf mehreren Reisen intensiv angeschaut und mich auf viele Eventualitäten vorbereitet. Aber das Leben hier ist etwas völlig anderes als ein Aufenthalt als Student oder Tourist.
Im Berufsleben habe ich es wirklich gut getroffen, ein tolles Team auf der Arbeit, ich fahre jeden Morgen gerne ins Büro. Ich arbeite endlich Vollzeit in meinem Beruf, das war in Deutschland nicht möglich (Uni-Abschluß, Teilzeit, Praktika)...
Was ich überhaupt nicht einkalkuliert habe, ist die sehr prekäre Wohnsituation, die mich wirklich fast zermürbt hatte. Ich ziehe in einer Woche das 7. (!) Mal in Australien um. Hier in Kalgoorlie wie in den meisten Minenstädten steigen die Mieten durchschnittlich 5% pro Monat. Nach der ersten Zeit in möblierten und unmöblierten Wohnungen auf Kurzzeitmietverträgen dachte ich, ich hätte endlich das richtige Häuschen gefunden. Teuer zwar, aber noch bezahlbar. Ich hatte die Rechnung aber ohne die Real Estate Agents hier gemacht. Ich bekam vom Eigentümer nur eine "Periodic Lease", wie die meisten hier, war damit aber erst einmal zufrieden. Das ist aber gleichzeitig die Fahrkarte zum Rausschmiß. Das Haus wohl war kurze Zeit während des Mietvertrags des Vormieters auf dem Markt und sollte verkauft werden, aber nichts passierte. Als ich einzog, war alles ruhig. Doch kurze Zeit später begann ein echter Alptraum. Ein völlig anderer Real Estate Agent hatte wohl noch in Erinnerung, daß das Haus kurz auf dem Markt war und überredete schließlich den Eigentümer, es mal mit ihm zu probieren. 11 Inspections, 2 Home Opens und 60 Interessenten später habe ich dann das Handtuch geschmissen und ziehe also in Kürze aus. Mittlerweile bin ich allerdings auch im westaustralischen Mietrecht firm. Aber ich wollte nicht wegen einer solchen Sache vor Gericht ziehen...
Der Kulturschock war dann der, den Kollegen klarzumachen, daß ich mich in meiner Privatsphäre massiv gestört fühlte. Hier ist es nämlich üblich, daß der Real Estate Agent einfach vom Eigentümer einen Schlüssel bekommt und dann nach Belieben Interessenten durchs Haus führt, meistens wenn die Bewohner nicht da sind. Das hat zwar wenig mit dem Gesetz zu tun, ist aber halt hier so Usus. Ich war geschockt.
Mittlerweile hatte ich mich natürlich auf die Suche nach Alternativen begeben. Ich hatte mir Wochenenden in Australien nicht so vorgestellt, entweder irgendwelche Leute durch mein Haus führen zu lassen oder selber verzweifelt nach einer anderen Unterkunft zu suchen.
Mein Container war inzwischen angekommen, ich habe aber beschlossen, ihn nicht ausladen zu lassen bei der prekären Wohnsituation, sondern erst einmal fleißig Storage zu bezahlen.
In den letzten drei Monaten habe ich mir über 100 Objekte angeschaut und mußte dabei lernen, daß sich die Situation täglich verschlechterte. Waren auf der Webseite Anfang des Jahres noch 50-70 Mietwohnungen und -häuser im Angebot, sind es jetzt noch zwischen 15 und 30. Für eine der Wohnungen, die ich Anfang des Jahres bewohnt hatte, wegen permanent lärmender Nachbarn (nachdem zum 10. Mal morgens um 4 Uhr die Polizei vorbeikam) aber wieder ausgezogen war, wurden jetzt nicht mehr 160 $ pro Woche, sondern 235 $ verlangt - 6 Monate später, für eine 1-Zimmerwohnung mit 4m2 Backyard und Blick auf einen Stacheldrahtzaun. Den Vogel schoß eine Anzeige ab, eine 3x1 Wohnung - Break Lease - für 160 $ (alter Vertrag) und 250 $ (neuer Vertrag, 4 Wochen später).
Dann kam eine Wohnung im 40km entfernten Outbacknest Coolgardie auf den Markt. 125 $ pro Woche, Brick 3x1. Die habe ich gleich mal angezahlt. Die Immobilienfirma war schon dabei, Referenzen einzuholen und hatte mir mündlich zugesagt. Auf Nachfrage sagte man mir dann, der ganze Wohnkomplex sei ja auch auf dem Markt und die neuen Eigentümer würden die Wohnung selber beziehen, eine andere Wohnung im gleichen Komplex würde aber frei. Mein "Wohnantrag" wurde dann auf diese Wohnung übertragen. Einen Besichtigungstermin konnte mir bis heute nicht organisiert werden, weil da "ja noch Mieter drin wären", die ihren Mietvertrag bereits gekündigt hatten... Ich sollte mich am 4. Oktober noch mal melden, dann wäre die Wohnung frei und ich könnte kurz danach den Vertrag unterschreiben und einziehen.
Am Wochenende waren beide Wohnungen im Komplex plötzlich wieder als Vermietungen in der Zeitung. Ich bin gleich wieder zur Immobilienfirma und bekam als Antwort, das sei ein Fehler, beide Wohnungen ständen überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Die neuen Eigentümer würden überhaupt nicht mehr vermieten. Ich hatte mein Haus (das mit den vielen Besuchern) schon gekündigt, damit ich während meines vierwöchigen Deutschlandaufenthaltes nicht zwei leere Immobilien bezahlen muß. Wenn man Interesse an einer Wohnung hat, muß man ja bekanntlich ein langes Formular ausfüllen (erinnerte mich an meine kurze Zeit in München), Einkommensnachweise beilegen und eine Wochenmiete anzahlen. Wenn man nicht erfolgreich ist, bekommt man das Geld dann irgendwann später per Scheck zurück. Wenn man allerdings erfolgreich ist, ist es schwierig, dann keinen Mietvertrag zu unterschreiben.
Ich bin also in Panik durchs Dorf gehetzt und habe nach Alternativen gesucht, aber keine gefunden. Am Mittwochnachmittag kam dann ein Anruf, das sei alles ein Mißverständnis gewesen, selbstverständlich bekäme ich die Wohnung. Ich habe jetzt also alles für den Umzug in die Wege geleitet, auch ohne Mietvertrag, denn dazu ist die Immobilienfirma nicht vor dem 4. Oktober imstande... Und am 12. fliege ich für 4 Wochen nach Deutschland - Visum aktivieren. 5 Tage braucht die Immobilienfirma dann noch für die Endinspektion, so daß mir für den Umzug noch der Mittwoch und Donnerstag nach Feierabend übrig bleiben. Zum Glück werden mir Kollegen beim Umräumen helfen (ich bin ja schließlich alleine hier) und mein Arbeitgeber hat mir den Donnerstag Sonderurlaub gegeben. An dem Tag wird dann auch der Container umgeladen, nach Zahlung einer Sondergebühr natürlich...
Niemand entschädigt einen für das Ummelden von Strom und Telefon und Gas und Wasser usw. Die Kosten, die ich beim Visum gespart habe, weil ich alles selber und ohne Agenten gemacht habe, sind jetzt auch wieder da mit extra Umzugskosten und diesen ganzen Ummeldegebühren...
Langer Rede kurzer Sinn, man kann sich auf vieles vorbereiten, aber sowas kann einen doch zermürben. Bei anderen sind es wieder andere Sachen, die schiefgehen. Sorry daher für die langen Ausführungen, aber es zeigt, daß man sich darauf nicht vorbereiten kann, da nützen auch X Aufenhalte Down Under nichts. Viele von Euch werde ja ähnlich schwierige Erfahrungen mit der Wohnsituation gemacht haben.
Insgesamt ist das aber zum Glück der einzige Störfaktor bisher. Und ich habe mir gesagt, daß es mich nicht von einem längeren Aufenthalt hier abhalten wird. Denn ich habe nicht alles so schön akribisch vorbereitet, um dann vor ein paar durchgeknallten Immobilienfritzen zu kapitulieren...
Der Sternenhimmel, das Wetter, die Kollegen und die freundlichen Leute - Real Estate Agents ausgenommen - entschädigen dann doch. Und für solche Argumente sind wir ja bekanntlich nach Down Under gezogen.
Viele Grüße, Patrick.