Hallo Mi_au,
interessante Frage!
In einem anderen Thread hat jemand erwähnt, dass Australien "irgendwie fairer" sei. Da dachte ich, dass ich, von dem wenigen, das ich weiss, um einiges ärmer dran wäre in Australien, wenn "ein Schicksalsschlag" mich oder meinen Partner mit einer schweren Behinderung zurücklassen würde. Eine Frage, die mich beschäftigt, und mit der ich mich beschäftigen werde, wenn ich nach Australien gezogen bin. Und da ist es natürlich eine Frage des Standpunktes, was fair ist.
Ich selbst bin Gebärdensprachdolmetscherin, d.h. mit der Behinderungsart Gehörlosigkeit kenne ich mich ziemlich gut aus. Aber auch durch die Betroffenheit von Freunden/Familie und integrativer Beschulung habe ich schon so einige Erfahrungen gemacht.
Also, ich habe schon einen voll rollstuhlgerecht ausgebauten Megacampervan auf dem Stuart-Highway bestaunen dürfen! Sehbehinderte/Blinde mit dem weissen Stock sehe ich auch oft in Adelaide. Dann gibt es in Südaustralien die Initiative "CanDo for Kids", ein Pendant zur der Deutschen Organisation "Aktion Mensch" würde ich sagen, Link hier. Die machen viel Öffentlichkeitsarbeit. Da habe ich auch den Unterschied zu Deutschland gesehen. Die Öffentlichkeitsarbiet in Australien zielt mehr als in D auf Charity ab, d.h. es werden mehr Spenden gesammelt, in phatasievoller und sehr aufwändiger Art.
Ich finde das ist der Unterschied, dass das Volunteering und Spenden in AUS einen viel höheren Stellenwert als in D hat. Aber darauf wolltest du ja eigentlich nicht hinaus.
Soweit ich informiert bin, gilt in AUS im Bereich der Schule der Grundsatz des Mainstreaming, also der Integration (heisst jetzt Inklusion, oder?).
Im Berufsleben gibt es in Deutschland sehr viel mehr Integrationshilfen von staatlicher Seite, finde ich. Mein Freund hat eine kleine Firma in der Nähe von Adelaide. Bei ihm arbeitet ab und zu ein junger Mann aus dem Ort, dessen Behinderung es erforderlich macht, dass er, wenn es ihm schlecht geht, sofort eine Ruhepause einlegen kann. Desweiteren darf er keinen Führerschein machen. In Deutschland hätte er ohne weiteres die Möglichkeit, eine Ausbildung in einem BBW (Berufsbildungswerk) zu machen, in dem auf seine Bedürfnisse Rücksicht genommen werden kann (ok, danach in Deutschland einen Arbeitsplatz zu bekommen, ist schrecklich schwierig). In Australien hat er diese Möglichkeit nicht. Er erhält jetzt, mit Anfang 20, eine Pension. Der Mann hat aber Potential! Und was für welches! In Deutschland gibt es die Möglichkeit, sich als Arbeitgeber, auch als kleiner Arbeitgeber, intensiv über die technischen/finanziellen Fördermöglichkeiten für Behinderte am Arbeitsplatz beraten/fördern zu lassen. Ich habe dazu mal recherchiert, denn mein Freund ist nach wie vor bereit, wenn es denn eine Födermöglichkeit gibt, ihn fest einzustellen (in der Firma ist KEINER der (nichtbehinderten) Mitarbeiter fest angestellt, alle Casuals, und wenn die Auftragslage flau ist, dann gehen die in die Weinberge arbeiten oder bleiben 1-2 Wochen zu Hause, sie haben die Möglichkeit, diese Situation auszugleichen, entweder mit anderer Arbeit oder mit dem Einkommen ihrer Partner, dem jungen Mann ist das nicht möglich: keiner Partnerin, kein Führerschein....).
Das Ergebnis meiner Recherche: Es gibt eine staatliche Beratung, aber nur für große Arbeitgeber wie Coles und so. Aber vielleicht tut sich da mal was, habe schon von einem Projekt für Gehörlose Arbeitnehmer gehört.
Hier habe ich noch zwei Links für dich:
-Dies ist eine Fernsehsendung von ABC, in der es um die Pflege schwerstbehinderter Menschen zu Hause geht:
http://www.abc.net.au/4corners/speci…ers/default.htm
-Dies ist ein absolut liebenswerter Blog einer Mutter in Sydney, die mit den finanziellen Herausforderungen der Behinderung ihrer Kinder ganz gut jonglieren kann und die gesellschaftlichen/privaten Herausforderugen aus einer bemerkenswert positiven Sichtweise beschreibt.
http://rollercoasterparenting.blogspot.com/
Ich bin auch gespannt auf andere Erfahrungen der Forumsmitglieder!
Schönen Sonntag,
may