Unser letzter Samstag auf dieser Reise hatte gleich zu Beginn etwas Chaos für uns bereit. Die Züge in ganz Sydney standen heute still, da an den Geleisen gearbeitet wurde (oder weil man zeigen wollte wie viele Busse die Stadt hat
). Jedenfalls fuhren wir mit einem Ersatzbus zum Circular Quay, der Hauptanlegestelle aller Fährverbindungen. Dieser Hafen liegt eingebettet zwischen zwei Wahrzeichen der Stadt, Opera House und Harbour Bridge, und direkt vor einer atemberaubenden Skyline. Die Fähren sind hier etwa wie die Trams in Zürich. Ungefähr jede Minute verlässt eine Fähre diese Bucht und Tausende Sydneysider benutzen sie um zur Arbeit zu kommen. Da der Hafen von Sydney, bzw. die Bucht an der Sydney liegt, über 150 km Küstenlinie hat, verwundert das auch nicht weiter. Vom Circular Quay aus fuhr uns eines dieser Schiffe in zwölf Minuten zum Taronga Zoo. Dieser knapp 100-jährige und riesige Zoo bietet eine fantastische Sicht auf die Stadt und eine Vielzahl an australischen aber auch internationalen Tieren. So konnten wir auch noch Koalas und Wombats beobachten. Somit haben wir ausser den Kloakentieren (Platypus = Schnabeltier; Echidna = Schnabeligel; eierlegende, nachtaktive Säugetiere, die Zwitter sind) ziemlich alles grössere australische Getier gesehen. Wir verbrachten den ganzen sommerlich-heissen Tag im Zoo und genossen die Natur und die Aussicht. Abends genossen wir in der bereits erwähnten ScuBar die Stimmung am "Sexy Saturday".
Da auch am Sonntag noch keine Züge fuhren, reisten Marlen und ich per Bus zum Circular Quay. Irene und Stefan erholten sich an diesem Tag etwas. Wir schauten uns das ganze Treiben am Circular Quay genauer an und bewunderten einige Strassenkünstler bei ihrer Arbeit. Auf dem Weg zum alten Hafenviertel "The Rocks" kamen wir am Overseas Passenger Terminal, dem Hafen für die grossen Kreuzfahrtschiffe und Passagierdampfer, vorbei. Solche Schiffe sahen wir zwar keine, es fand jedoch eine Ferrari-Ausstellung statt, die uns das Wasser im Mund zusammenlaufen liess. Über hundert dieser Luxuskarossen, von ganz alt bis topmodern, von 50'000.- AUD bis 500'000.- AUD , waren ausgestellt und boten mit Opera House und Skyline im Hintergrund einen fantastischen Anblick. Als wir uns endlich losreissen konnten, marschierten wir nach "The Rocks". Dieser Stadtteil ist der Älteste von Sydney und der Ort, wo Arthur Phillip 1788 mit der "First Fleet" an Land ging und mit der weissen Besiedelung Australiens begann. Hier findet man noch sehr viele alte (für hiesige Verhältnisse) Gebäude, die ein gutes Bild aus der damaligen Zeit vermitteln. Da Markttag war, hatte es viele Stände, die allerlei Interessantes anboten. Unter anderem eine viertelstündige Tour mit einer Harley-Davidson über die Harbour Bridge. Wer Marlen kennt weiss, dass wir diesen Stand erst nach der Fahrt wieder verliessen. Die Preise waren verhältnismässig günstig und wir wurden von zwei echten Rockern chauffiert. Selber fahren war nicht drin und käme hier in Sydney auch einem Suizidversuch nahe. Aber die Fahrt war einmalig und das Feeling einfach grossartig. Wer kann schon von sich behaupten, mit einer Harley-Davidson auf der Busspur über die Harbour Bridge in Sydney gedonnert zu sein!
Um den Adrenalinspiegel wieder etwas zu senken spazierten wir noch etwas in "The Rocks", bevor wir zurück an den Circular Quay gingen, wo wir ganz spontan die Fähre nahmen, die uns am weitesten von der Stadt weg brachte. Was so ein Wochenabonnement nicht alles möglich macht. Wir fuhren mit der Fähre eine Stunde lang den Parramatta River hoch bis zur Homebush Bay, wo die olympischen Sommerspiele 2000 ausgetragen wurden. Wir genossen die schönen Aussichten auf der Hin- und Rückfahrt. Für das Abendessen kehrten wir nochmals in "The Rocks" zurück, genauer in den Löwenbräukeller. Wie der Name schon sagt, genossen wir Spätzle, Käse und eine Mass Bier. Wir kannten das Lokal schon von unserer letzten Reise und wurden nicht enttäuscht. Momentan findet gerade der World Cup of Rugby in Australien statt, und an diesem Abend stand das Derby der Erzrivalen Australien und Neuseeland auf dem Plan. Gespielt wurde sogar hier in Sydney und man sah schon den ganzen Tag grün-gelb (AUS) und schwarz (NZ) bemalte Fans in der Stadt. Wir begaben uns in ein ganz altes Pub (1848) in "The Rocks" und feierten mit den Aussies einen grandiosen Sieg. Durch die Winterzeit-Umstellung in Europa hatten wir seit diesem Tag zehn Stunden Differenz!
Nach einer sehr kurzen Nacht meldete sich der Wecker am Montag bereits um 05.15. Eine Tour nach Katoomba in die Blue Mountains, westlich von Sydney, stand auf dem Programm. Für die 100 km und 900 Höhenmeter benötigten wir mit dem Zug ca. zwei Stunden. Die bekannteste Sehenswürdigkeit sind die "Three Sisters", drei Felsnadeln, die aus einem Tal herausragen. Viel eindrücklicher waren für uns aber die Felsklippen und das darunter liegende riesige Tal. Gleich hinter Katoomba fällt das ganze Land um 300 m ab und darunter befindet sich ein Tal, das bis zum Horizont reicht und von dichtem Eukalyptus-Urwald bedeckt ist. Dieser Wald gibt den blauen Bergen (Blue Mountains) ihren Namen. Der Eukalyptus-Dunst, der aus den Wäldern aufsteigt, verleiht den Bergen eine blaue Farbe, wenn man sie aus der Distanz betrachtet. Die ganze Sache wird touristisch regelrecht ausgeschlachtet. Zwei Luftseilbahnen und eine Standseilbahn bringen die Leute für teuer Geld ins Tal. Da unten gibt es verschiedene Wanderpfade, die eindrücklich zeigen, weshalb die ersten Siedler 25 Jahre lang keinen Weg über die Berge fanden. Der Urwald ist hier extrem dicht und kaum begehbar.
Dienstag war Strandtag..., dachten wir, das Wetter machte jedoch nicht mit. Es war bedeckt. So erledigten Irene und Stefan diverse Besorgungen, während Marlen und ich eine geführte Tour durch das berühmte Opernhaus mitmachten. Der Bau an diesem segel- oder muschelförmigen Kunst- und Kulturzentrum dauerte 16 Jahre, statt der geplanten drei Jahre. Das gewagte Gebäude wurde vom dänischen Architekten Jorn Utzon entworfen und 1973 von Queen Elizabeth II eröffnet. Der Architekt sah sein vollendetes Lebenswerk erst 1999 zum ersten Mal, da er sich während dem Bau mit der australischen Regierung überwarf (geplante Kosten: 7 Mio. AUD; effektive Kosten 105 Mio. AUD), das Land verliess und erst vor neun Jahren wieder zurückkehrte. Die Concert Hall fasst 2'700 Personen und gleicht im Inneren einer Kathedrale. Hinter der Bühne ragt die grösste Orgel der Welt, mit über 10'500 Orgelpfeifen, in die Höhe. Im Opera Theatre haben 1'500 Leute Platz. Der ganze Komplex umfasst ca. 1'000 Räume (davon sechs Theater-, Konzert-, oder Opernsäle), beschäftigt 750 Personen (ohne Schauspieler) und führt rund 2'500 Anlässe pro Jahr durch. Um das Opera House zu betreiben werden jährlich 65 Mio. AUD bezahlt. Künstlerische Direktorin des Opernhauses ist momentan die bekannte australische Filmschauspielerin Cate Blanchett (Herr der Ringe, Aviator). Nach dieser sehr interessanten Führung spazierten wir noch durch den riesigen botanischen Garten, der eine geniale Aussicht auf die Harbour Bridge, das Opernhaus und die Stadt bietet. Anschliessend besuchten wir nochmals "The Rocks". Am Abend versuchten Marlen und ich diese Reise finanziell ungeschehen zu machen und gingen ins Casino. Das Vorhaben misslang gründlich, aber wir hatten wenigstens unseren Spass in dieser riesigen Geldvernichtungs-Anlage!
Unser letzter ganzer Tag in Australien sollte uns nun endlich an den weltbekannten Manly Beach bringen. Leider herrschte aber tristes Herbstwetter und es regnete und nieselte den ganzen Tag bei 18 Grad. Wir fuhren trotzdem mit der Fähre nach Manly. Irene und Stefan trotzten den widrigen Bedingungen und hüpften kurz in den Pazifik. Wir begnügten uns mit der Tatsache den Pazifik gesehen zu haben und shoppten nochmals(!) etwas. Dann ging es ans Packen, was aber eine kurze Sache war, da wir glücklicherweise alles ohne Probleme in die Gepäckstücke reinbrachten. Das letzte Abendessen genehmigten wir uns im Hurricane Grill am Darling Harbour. Anschliessend begossen wir in der ScuBar das Ende unseres dreimonatigen Abenteuers.
Auch am Tag der Abreise erwachten wir unter einem wolkenverhangenen Himmel. Der Transfer zum Flughafen und das ganze Flughafen-Geplänkel verliefen reibungslos und kurz vor dem Start bekamen wir sogar nochmals die australische Sonne zu Gesicht. Der Start verzögerte sich dann doch noch wegen technischer Probleme, die uns den ganzen Flug verfolgen sollten. Als erstes kamen beim Start verschiedene Sauerstoffmasken herunter (was die Gesichtsfarbe einiger Passagiere ziemlich schnell verschwinden liess), dann bemerkten wir, dass sich eine Toilette nicht abschliessen liess. In einem anderen Klo war der Becherhalter defekt und kurz nach dem Start fiel das Unterhaltungssystem für den Rest des Fluges aus. Die Landung in Singapore klappte aber dennoch und nach einem langen Aufenthalt (die sind immer zu lang) flogen wir mit einem neuen Flieger, ohne Defekte nach Frankfurt. Ab da lief alles einwandfrei und wir landeten müde aber glücklich im verschneiten Zürich und wurden von Eltern und Verwandten herzlich empfangen.
Nun sind sie also vorbei, die drei Monate. Es waren ganz schöne, lehrreiche und zum Teil auch anstrengende Monate. Die Zeit kam uns viel länger vor, als es den Leuten zu Hause anscheinend vorkam.
Nun nimmt die Schreiberei ein Ende und ich danke euch für die diversen positiven Feedbacks, die mich auch dann zum Schreiben ermunterten, als die Alternativen durchaus vorhanden und verlockend waren. Es hat Spass gemacht und ich hoffe ihr konntet auf diese Weise auch etwas mit uns mitreisen.